Tasmanien 3 – Roadtrip

22. März 2017 4 Von Nicole

Jetzt sitze ich mit meinem ganzen Gepäck in der Information in Burnie und hab zum ersten Mal seit fast zwei Wochen wieder Internet. So kann ich also daran gehen, meine nächsten Schritte zu planen, Busfahrpläne zu checken, Unterkünfte zu buchen und so weiter. Wie ist man eigentlich früher gereist, so ohne Internet?? 😉

Doch, was das Internet mir zeigt, gefällt mir gar nicht! Es gibt weder hier, noch im nähreren Umfeld einen freien Mietwagen zu einem erschwinglichen Preis. 🙁 Na, dann fahr ich halt Bus!

Es gibt einen Bus am Tag in jede Richtung (2), die von heute sind aber schon weg, dann ist Wochenende, da gibts keine Busse und am Montag ist kein Platz mehr frei. Ähhh, wie jetzt?????? Jetzt sitze ich in dieser unscheinbaren, kleinen Stadt fest? Das passt mir aber jetzt mal gar nicht! Ich wollte doch noch ganz viel unternehmen und erkunden! Und die Tage laufen davon, denn der Flieger zurück auf’s Festland ist gebucht……

Aber was so ein echter traveler ist, der lässt sich nicht unterkriegen! Also rasch die netten Auskunftsleute am Infoschalter gefragt. Jede Menge Sachen zu machen, aber ohne Auto?? Ja da wird es schon schwierig, hmm, hmm…….ratloses Kopfschütteln. Schliesslich wird mir eine nette kleine Wanderung am Fluss entlang empfohlen.  Na gut, wenigstens was. Und vielleicht treff ich ja in meinem Hostel jemanden mit Auto, dem ich mich anschliessen kann…..

Ich schnappe also meinen 100 Kilo Rucksack, wuchte ihn auf meinen zarten Rücken und schwanke durch die Stadt auf der Suche nach meiner Schlafstätte. (Hast du schon mal gesehen, wie kleine Frauen mit grossen Rucksäcken laufen? Lustig!!) Die liegt eine Eeewigkeit Fussmarsch oberhalb der Stadt (warum wundert mich das jetzt nicht??) und so schnaufe ich ganz schön bis ich oben angekommen bin. Die Aussicht über Burnie ist, nun ja…..nett. 😉

Der Hostelmanager ist dafür sehr nett und ich bekomme mein Bett in einem Sechserzimmer, in dem aber sonst (noch) niemand wohnt. Cool. Er ist echt hilfsbereit und sucht über das Internet alle möglichen Busse für mich zusammen. Allerdings starten die in Ortschaften, die 20-30km weit weg sind – wie soll ich denn da hinkommen? Egal, ich hab erstmal ein Bett für heute und daher geh ich jetzt was einkaufen und dann auf die nette kleine Wanderung am Fluss entlang.

Obwohl hier in diesem Fluss viele wilde Plattypusse (Schnabeltiere) leben sollen und ich wirklich eifrig schaue, kann ich doch keines erspähen. Echt schade. Aber davon abgesehen ist es wirklich schön am Fluss und die Sonne scheint und es ist ruhig und friedlich. Schwupps, bin ich auch schon wieder in meinem Gleichgewicht und kann darüber schmunzeln, hier festzusitzen. Heute abend im Hostel findet sich sicher jemand mit einem fahrbaren Untersatz.

Doch als ich dorthin zurückkomme ist noch immer gähnende Leere in meinem Zimmer und auch im gesamten restlichen Hostel. Es ist ausser mir überhaupt niemand hier! Das ist ja mal ein Ding – ein leeres Hostel! Also keine Mitfahrgelegenheit. Hmm……

Am nächsten Morgen gehe ich erst mal in aller Ruhe gemütlich frühstücken. Im Café komme ich mit einem Mann ins Gespräch, der gerade von der Arbeit kommt. Wir plaudern ein wenig und er bietet mir an, mich ein bisschen herum zu fahren und mit die Gegend zu zeigen. Er ist hier aus dem Ort, hat eine eigene Firma hier um die Ecke und scheint auch im Café gut bekannt zu sein – scheint ungefährlich, also sage ich zu. Er freut sich und so trinken wir unsere Kaffeebecher leer und los geht’s.

Und es wird ein toller Tag! Wir fahren kreuz und quer durch die Gegend, er kennt sich super aus und zeigt mir kleine Buchten und schöne Strände, winzige Ortschaften und Leuchttürme, hohe Klippen und Höhlen. Mit seinem riesengrossen Allradauto kommen wir auch noch durch den ausgewaschensten Weg und wir können sogar in den National Park fahren, da er einen Pass dafür hat. Wir gehen am Strand spazieren, lassen uns auf den Klippen den Wind um die Nase wehen und ich kann jede Menge schöner Fotos schiessen. Schon auf dem Heimweg halten wir noch in einem kleinen Ort namens Stanley und wandern einen steilen Hügel „The Nut“ hinauf. Tatsächlich sieht dieser Hügel von weitem wie eine umgedrehte Nussschale aus, daher der Name. Es wird schon wieder tasmansich kühl und der Wind beisst uns in die Backen aber der Rundumblick über das Meer, die Küste und das Land ist wunderschön!

Er bringt mich nach Hause und plötzlich bietet er mir ganz locker und unspektakulär sein Auto für den nächsten Tag an. Er müsse sowieso arbeiten und dann stände es ja doch bloss auf dem Parkplatz herum, also könnte ich es auch nehmen und einen schönen Ausflug damit machen. Mir bleibt erstmal die Spucke weg (ich bitte zu bedenken, dass ich aus Baden-Württemberg komme, da sind Autos das „heilige Blechle“ und werden selten verliehen, mal ganz sicher nicht an Fremde). Abgesehen davon, dass dieses Auto bestimmt 80.000$ oder so gekostet hat, weiss ich gar nicht ob ich so ein Riesenschiff überhaupt fahren könnte (ist so eine Art Riesenpickup – sorry an alle Autofreaks!!! Ich bin halt ein Meedchen!). Natürlich lehne ich ab und lasse mich auch nicht umstimmen.

Noch immer völlig baff mache ich mir ein Abendessen und lerne die zwei (!) anderen Gäste kennen, die inzwischen hier eingezogen sind.

Als es langsam dämmerig wird laufe ich noch einmal hinuter in die Stadt, denn am Stadtrand gibt es eine Pinguinkolonie und die haben jetzt gerade Junge. Das ist die Hauptattraktion von Burnie, also muss ich da hin. Ich stehe eine Ewigkeit im eisig kalten Wind herum und warte auf die Pinguine. Freiwillige Helfer beantworten interessierten Besuchern alle Fragen mit grossem Sachverstand und sehr freundlich. Als es schon ganz dunkel ist kommen die ersten kleinen Pinguine an Land. Man kann lediglich einen kleinen weissen Fleck in der Dunkelheit erkennen (daher leider kein Foto). Die Jungen kommen aus den Erdnestern heraus und fangen ein für Vögel typisches „Füttere mich!“ Geschrei an. Man kann die puscheligen kleinen Viecher nur im rötlichen Licht der Speziallampen der Helfer sehen, denn mittlerweile ist es finster wie die Nacht. Und kalt. Völlig durchgefroren mache ich mich auf den Heimweg und begrüsse diesmal das Erklimmen der steilen Strasse, die mich wieder warm werden lässt.

Morgen werde ich vielleicht einen Papierschöpfen-Workshop machen. Burnie hat eine längere Tradition als Papier herstellende Stadt und im Besucherzentrum bekommt man gezeigt, wie das geht. Es gibt ein paar ortsansässige Künstler, die wirklich schöne Sachen aus Papier machen. Ausserdem experimentieren sie hier mit ungewöhnlichen Rohstoffen, so machen sie zum Beispiel Papier aus Roo-Poo. Das ist Känguruhmist! 😀 😀 😀

Am nächsten Morgen habe ich eine knappe Nachricht auf meinem Handy: „Komme dich um neun Uhr abholen, zieh deine Wanderschuhe an!“ Keine Frage, sondern eine Ansage. Oha – na da muss ich mich aber sputen!

Wir fahren noch die nächsten drei Tage über die Insel, wandern am Cradle Mountain, besuchen verschiedende wunderschöne Seen, sitzen an murmelden Flüssen und warten auf die Schnabeltiere und wir machen die schönsten Buschwanderungen. Ich sehe den grössten Baum Tasmanien, über 60m Umfang – absolut beeindruckend! Was dieser Riese wohl schon so alles mitgemacht und überlebt hat?! Wir besuchen die Dip Falls Wasserfälle und ich bekomme erklärt warum die Gewässe in Tasmanien praktisch alle glasklar aber braun sind: die Teebäume geben eine braune Essenz ab, die das Wasser entsprechend färbt. Die Aborigenes fetigten seit Urzeiten Medizin aus den Teebäumen.

 

 

Da mein persönlicher tasmanischer Reiseführer ein leidenschaftlicher Angler ist kennt er auch noch die entlegensten Gewässer und meist sehen wir kaum einen Menschen unterwegs (in Tasmanien gibts jetzt eh nicht soo viele Menschen, um ehrlich zu sein!) Er erzählt mir, wie es früher so war hier, zeigt mir sein Elternhaus, seine Schule und wo er früher zum Tanzen hingegangen ist. Er kauft mir „das beste Eis Tasmaniens“ und zeigt mir einen skurrilen Laden aus den 50ern, irgendwo in einem kleinen Städtchen.

Ausserdem besuchen wir einen Wildpark, wo ich zum ersten Mal einen Tasmanischen Teufel sehe. Diese einigermassen putzig aussehende Tierchen sind vom Aussterben bedroht, vor allem weil eine sehr agressive und hochansteckende Krankheit sie massenweise tötet. Aus diesem Grund gibt es in Tasmanien mehrere Wildparks, die noch gesunde Tasmanische Teufel halten und auch züchten. Sie werden sehr streng beschützt, will heissen: es kommt keiner raus, aber es kommt auch keiner rein. Da es gegen die Krankheit keine Heilung gibt hoffen die Tierschützer und auch die Regierung, dass sie genügend Tiere in den Parks züchten und eines Tages auswildern können, um dieser Tierart das Überleben zu sichern. Noch kann davon allerdings keine Rede sein, denn von dem verbleibendenen Wildbestand, der nur noch rund 20% beträgt ist schätzungsweise die Hälfte bereits von der Krankheit befallen.

Es gibt in diesem Park noch andere Tiere zu sehen, wie zum Beispiel diesen kleinen Wombat hier oder auch niedliche Wallabies, die es übrigens in verschiedenen Grössen gibt, wobei das kleinste ungefähr so gross wie ein Hase ist (Zwergwallaby) und das grösste (Rotnackenwallaby), das hauptsächlich im australischen Outback vorkommt schon mal ein Lebendgewicht von 90 kg erreichen kann und (aufgerichtet) fast zwei Meter gross sein kann. Die Tiere hier im Park sind an die Menschen gewöhnt und die Wallabies lassen sich sogar anfassen, aber dennoch sind es Wildtiere und im Freiland kann ein ausgewachsenes Wallaby oder Känguruh ein durchaus gefährliches Tier sein. (Ich will auf jeden Fall keinen Fusstritt von denen bekommen!!)

In Tasmanien gibt es ausser gehopftem Cider noch jede Menge andere Kuriositäten! Beispielweise besuchen wir ein Minaturdorf. Ein Mann baute als Hobby lauter klitzekleine lustige Häuschen, von der Heilsarmee oder ein Pub oder ein Cabaret oder ein Bestattungshaus….. nach einer Weile hatte er so viele dieser Häuschen in seinem Garten, dass er daraus ein Museum machte. (übrigens kamen wir kurz nach Schliessung der Anlage dort an, aber weil wir so lieb und nett gefragt haben und der freundliche Mitarbeiter eh noch Kasse machen musste durften wir ganz schnell hineinschlüpfen und uns kurz umschauen! Und zwar umsonst! Ist das toll, oder was?!)

Dann waren wir in einem kleinen Städtchen, das für seine Wandmalereien bekannt ist. Beinahe jedes Geschäftshaus ist entsprechen verziert. Einmal im Jahr treffen sich eine Menge Künstler und malen grosse Bilder auf Holzwände. Die werden dann ein Jahr lang ausgestellt und anschliessend verkauft. So gibt es immer wieder Platz für neue Kunst und das Dorf hat seine ständigen Verschönerungsmassnahmen und einen Publikumsmagneten.

Und nun schau doch mal! Da gibt es zwei Künstlerinnen, die heissen so wie ich! Jetzt hab ich ja schon einen einigermassen ausgefallenen Nachnamen und schwupps – kaum fährt man mal ans Ende der Welt, schon gibt es Zwei, die auch so heissen! 😀 Lustig!!

Recht kurios finde ich auch so manchen Orts- oder Strassennamen. Da gibt es die Städtchen Penguin, Bagdad, Nowhere Else (Nirgendwo Sonst) oder Nook (Winkel), auch die Eggs and Bacon Bay (Eier und Speck Bucht) oder Gegenden wie Paradise oder Cramps Bay (Krampfbucht) finde ich lustig. Spassiges Völkchen diese Tasmanier am Ende der Welt.

Also obwohl ich ziemlich viel Regen und Kälte hatte muss ich doch sagen, Tasmanien ist ein ganz besonderes Fleckchen Erde und auf alle Fälle eine Reise wert. Wunderschöne Landschaften, lange Sandstrände, rauhe Klippen, Berge, viel natürlicher Wald und hier und da kleine Ortschaften mit ausgedehntem Farmland drumherum. Wie eigentlich immer haben mich auch hier die Menschen beeindruckt mit ihrer Bodenständigkeit, ihrer natürlichen Einfachheit, ihrer Grosszügigkeit und ihrer ehrlichen Freundlichkeit.

Eine ganz besondere Geschichte gibt es noch von meiner Fahrt zum Flughafen von Launceston zu erzählen! Ich werde frühmorgens vom shuttle an meinem Hotel abgeholt und im Bus sitzt eine Reihe hinter mir eine Dame, mit der ich ins Gespräch komme, denn sie kommt aus Adelaide, wohin ich jetzt dann bald fahre. Am Flughafen angekommen geben wir unser Gepäck und sie lädt mich spontan zu einem Kaffee ein. So können wir unsere Bekanntschaft noch ein wenig vertiefen und die Wartezeit verplaudern. Sie ist wirklich eine sehr interessante Frau und wir sind uns gegenseitig sehr sympatisch. Plötzlich sagt sie, ich solle doch bei ihr wohnen wenn ich in Adelaide sei. Ich bin wieder mal geplättet über das Angebot, erkläre ihr dann aber, dass zwei Freunde von mir aus Deutschland kommen und wir die Tour nach Adelaide zu dritt machen. Oh, sagt sie prompt und ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, ihr Haus sei gross genug und ich solle meine Freunde ruhig mitbringen. Hallo?? Kannst du dir das vorstellen??? Ich meine, sie kennt mich kaum und meine Freunde gar nicht und lädt uns einfach mal so für mehrere Tage in ihr Haus ein! Ich finde das einfach unglaublich……

Wie diese Geschichte weitergeht und ob wir tatsächlich in Adelaide bei ihr wohnen……..das gibt’s dann im nächsten Bericht. 😀