Moorea – Haie, Kinder und andere Herausforderungen

30. Oktober 2017 2 Von Nicole

Eine moderne Schnellfähre bringt mich in rund dreissig Minuten von Tahiti nach Moorea. Heute scheint die Sonne strahlend vom Himmel und das Meer ist so schön

blau und ziemlich schön ruhig. 😀 😀  will sagen, es ist eine schöne und ruhige Überfahrt und mir wird auch gar nicht schlecht.

 

Moorea sieht auf den ersten Blick ziemlich beeindruckend aus: steile Vulkane ragen hoch auf und sind von dunkelgrünem Dschungel bedeckt. Nur an der Küste sehe ich hier und da Gebäude stehen, einen Strand kann ich erst nicht entdecken aber dann, beim Näherkommen schimmert mir doch weisser Sand entgegen und mein Herz mach einen Hupfer. Hoffentlich ist dieser Strand nicht allzu weit weg von meinem Domizil!

Meine Hostfamilie wohnt ganz in der Nähe vom Fährhafen und so mache ich mich zu Fuss auf, um mein Zuhause für die kommenden zwei Wochen zu finden. Eine französische Familie mit zwei Kindern bietet mir für zwei Stunden Mithilfe im Haushalt ein kostenloses Zimmer an. Die Frau betreut als Tagesmutter einige Kinder bei sich zuhause. Ich bin gespannt…..

Das kleine Haus ist schnell gefunden, doch als ich ankomme scheint gerade allgemeine Mittagsruhe zu sein, denn kein Mensch ist zu sehen. Schon nach ganz kurzer Wartezeit kommt allerdings eine junge Frau an den Zaun, begrüsst mich sehr freundlich und bittet mich hinein. (Hélène spricht ein bisschen englisch und ich ein bisschen französisch – wir kriegen das hin mit der Kommunikation.) Sie nutzt die Zeit, solange die kids noch schlafen, um mir mein Zimmer und das Haus zu zeigen.

Es gibt eine Art Haupthaus, das aus einem grossen Raum besteht, der als Kindergarten eingerichtet ist (oha!!) und einer Küchenzeile mit einem Esstisch, ein paar Schränken und einem Spülbecken. Gekocht wird draussen: unter einem Wellblechdach finde ich einen alten Zwei-Flammen-Campingkocher, ein paar Töpfe und Pfannen und den Kühlschrank. Hier gibt es ausserdem ein kleines Bad, das aber nur für die Gäste des B&B Zimmers ist (aha??). Das befindet sich im Dach und ist im Augenblick nicht vermietet.

Mein Zimmer ist in einer Art Nebenhaus, das sich paralell zum Hauptgebäude befindet. Hier gibt es vier Zimmer nebeneinander, zwei davon sind für workawayer, in einem schläft die Familie und das vierte gehört mit zum Kindergarten. Ausserdem gibt es noch ein zweckmässiges Bad, das leider wie mein Zimmer nicht sehr sauber ist. In meinem Zimmer steht ein Bett und ein Tisch. Es riecht staubig und ein wenig muffig.

Alles in allem kommt es mir ziemlich schmutzig und unordentlich vor. (Wann genau bin ich eigentlich zum typisch deutschen Sauberkeits- und Ordnungslover mutiert??) Als mir Hélène dann mitteilt, dass ich für die Sauberkeit selber zuständig bin erklärt sich das dann auch…….backpacker sind jetzt nicht dafür bekannt, hinter sich erstmal ordentlich sauber zu machen.

Inzwischen sind alle Kinder aufgewacht und befinden sich in verschiedenen Phasen von „nach Mittagsschlaf-quengelig“ über „wolfshungrig“ bis „unaufhaltsam unternehmungslustig“ – wer Kinder hat versteht sicher, was ich meine…. 😉

Ich werde als die neue „tati“ vorgestellt und ab sofort wird nur noch französisch geredet, oder noch besser tahitianisch. Die Kinder -sieben an der Zahl – sind zwischen 19 Monate und 5 Jahre alt und ich fühle mich wie im falschen Film. Und mächtig überfordert.

Zu meinem riesengrossen Glück ist hier noch eine andere workawayerin -Janina-, eine junge Münchnerin mit ihrem fünfjährigen Sohn, Bloggerin und seit eineinhalb Jahren unterwegs. Sie ist schon fast zwei Wochen hier, kennt sich aus und weiss was wie läuft. Sie übersetzt und erklärt mir vieles, steckt mir gleich die ein oder andere Info über die Familie und macht mir so das Ankommen leichter.

Als um vier endlich die ganzen Kinder abgeholt werden atme ich erleichtert auf. Hélène erklärt mir nun umgehend, was in Zukunft von mir erwartet wird: wer die Frühschicht hat kocht das Mittagessen für die ganzen Kinder und die Familie, macht den gesamten Abwasch des Morgens und räumt die Küche auf. Die Spätschicht räumt den Kindergarten auf, sprich sämtliche Spielsachen wieder in die entsprechenden Regale, Kisten, Körbe und Schachteln, fegt und wischt den Boden, säubert die Tische und Stühle, sowie das Badezimmer. Auch der Patio und der Garten müssen aufgeräumt werden. Und das restliche Geschirr spülen. Janina übernimmt natürlich die Morgentour.

Grrmppff…… ich hasse aufräumen. Und ich hasse putzen. Und mit zwei Stunden pro Tag ist das sicher nicht getan. Worauf hab ich mich da bloss wieder eingelassen???

Die Mahlzeiten sind in unserem Arrangement nicht enthalten und so mache ich mich gleich mal auf den Weg zum Supermarkt solange es noch hell ist. (Das ausgeliehene Fahrrad ist lebensgefährlich, klappert zum Erbarmen und hat keine Lichter und keine Bremse!! – In Zukunft laufe ich dann lieber….) Wer jetzt wann, wie, wo und mit wem isst, das ist mir noch nicht so klar. Will die Familie nun uns workawayer mit am Tisch haben oder wollen die abends vielleicht auch mal unter sich sein? Privatsphäre scheint es hier eh praktisch nicht zu geben, da alles offen ist und die Kinder (zwei bleiben ja hier!) sowieso überall hin dürfen (ausser in unsere Zimmer). Aber vielleicht brauchen ja auch nicht alle Menschen soviel Raum wie ich?

Am Abend kommt Hubert, der Hausherr von der Arbeit nach Hause. Auch er ist sehr freundlich und spricht leidlich gutes Englisch. Die beiden kleinen Mädchen sind niedliche, kleine Teufelchen. Die Grosse macht einen auf Boss und wehe, es spuren nicht alle. Sie ist schnippisch und haut auch schon mal zu. Wird sie erwischt setzt es grosses Drama. Die Kleine macht auf Baby und stellt sich gerne als hilfloses Opfer dar, womit sie meistens durchkommt. Beide Eltern haben eine Eselsgeduld, mir gehen die beiden schnell mal auf den Wecker. Hmm……

Gleich am ersten Abend nimmt Janina mich mit zu einer Art Tanztraining, das grad um die Ecke auf einem grossenPlatz stattfindent. Grund dafür ist das jährliche Heiva Dance Festival. Das ist eine Art Show/ Contest, bei dem traditionelle polinesische Tänze vorgeführt werden. Die Teilnehmer nehmen dies sehr ernst und so wird vorher monatelang trainiert und geprobt, denn jeder will gewinnen. Es gibt jede Menge verschiedene Kategorien und vom Krabbelkind bis zum Opa, Amateure und Profis, alle tanzen sich hier die Seele aus dem Leib.

Und wie die tanzen!! Auf dem Platz trainieren sicher mehr als hundert Leute. Musiker spielen live und ich schaue den Tänzern völlig fasziniert zu. Wie machen die das bloss, dass sie ihre Hüften so schnell bewegen können? Die Frauen können sogar in die Hocke gehen und wieder aufstehen ohne ihre Hüftschwünge zu unterbrechen oder auch nur zu verlangsamen. Das ist unglaublich! Und hier wird richtig hart gearbeitet, der Schweiss fliesst in Strömen und ich höre auch das ein oder andere unterdrückte Stöhnen als die Trainierin ein weiters Mal von vorne beginnen lässt. Einige westliche Gesichter sehe ich unter den Trainierenden und auch die zeigen einen beeindruckenden Hüftschwung – also kann man das vielleicht lernen?!

Das Ganze ist eine Art Happening: ganze Familien sitzen auf dem Boden rund um die Tanzfläche, unterhalten sich lautstark und schauen den Tänzern zu, Kinder rennen überall herum und alle scheinen eine Menge Spass zu haben.

Als ich jedoch ein paar Fotos schiessen will kommt schnurstracks einer der Trainer auf mich zu und ruft schon von Weitem „No foto, Madame!“ Klar, die Musik und die Choreographie sind streng geheim – ist schliesslich ein Wettbewerb! Ich entschuldige mich und lege die Kamera weg.

Als das Training vorbei ist kommen alle Tänzer und viele der Zuschauer zusammen und halten sich an den Händen. Die Musiker spielen eine ganz langsame Melodie und alle gemeinsam singen eine Art Gebet. Über uns wölbt sich der Sternenhimmel, ein halber Mond schaut herunter und all diese weichen polinesischen Stimmen singen inbrünstig – wow, das geht rein! Als es vorbei ist gehen alle fröhlich plaudernd und lachend nach Hause. Man sieht sich nächste Woche….

Janina und ihr Sohn sind leider bloss noch zwei Tage hier, was mir leid tut, denn es ist lustig mit ihr. Aber da kann man halt nichts machen. So gewöhne ich mich langsam an die Familie und das einfache Leben, das sie führen. Ich lerne die Kinder im Kindergarten kennen und auch ein paar der Eltern, meist Expats. Trotzdem muss ich sagen, dass ich mich nicht so ganz richtig wohl fühle. Ich hab zwar gleich zu Beginn meinem Zimmer und dem Bad eine ordentliche Säuberung verpasst, aber trotzdem ist es muffig und nicht gemütlich. Eines Abends läuft eine vier Zentimeter grosse Kakerlake an einem Kabel neben meinem Bett hinunter….. Die Küchenschränke sind muffig und das olle Plastikgeschirr aus dem Kindergarten ist auch nicht gerade appetitanregend. Die Familie scheint damit keinerlei Probleme zu haben. Sie schlafen auf Matratzen am Boden, gekocht wird eben auf dem Campingkocher, gegessen wird meist am Küchentisch im Kindergarten. Um acht sind alle in ihren Betten verschwunden. Es gibt keine Gespräche, die über das Alltägliche hinausgehen. Ich tu mich echt schwer…..

Dazu kommt noch, dass es hier, wo ich wohne überhaupt nichts gibt, bloss den Hafen und einen Supermarkt. Der supertolle Strand ist 10 Autominuten weg und das nächste Dorf noch ein bisschen weiter. Da Hubert im Familienauto zur Arbeit fährt sitzen wir mehr oder weniger zuhause fest. Und dann regenet es auch noch sehr viel.

Als Tüpfelchen auf dem i wird dann auch noch in mein Zimmer eingebrochen.

Eines Morgens stehe ich auf und meine Zimmertür (eine Glasschiebetür) steht rund 20 cm offen, obwohl ich ganz genau weiss, dass ich sie am Abend ganz geschlossen hatte. Ich denke mir nichts weiter, wahrscheinlich wollte bloss eines der Mädchen schauen, ob Tati schon wach ist. Irgendwann im Laufe des Tages merke ich dann aber, dass meine Bauchtasche weg ist – Mist! Ob ich die wohl gestern im Supermarkt liegengelassen habe?? Schnell mal nachfragen – nö, keiner weiss was. Hmmm………sonst fehlt nichts, Handy PC, Kamera alles ist noch da. Auch bei den Anderen fehlt nichts. Aber niemand war an meiner Tür. Und da kommt Hubert und meldet den Verlust von zwei Flaschen Bier aus dem Kühlschrank. Also wohl doch ein Einbruch-Diebstahl. So ein Mist!! Wahrschienlich irgendwelche Jugendliche auf der Suche nach Bargeld.

Portemonnaie, Führerschein, Kreditkarte und einige persönliche Dinge, die mir so wichtig sind, dass ich sie immer bei mir haben will, sowie meine seabands (Armbänder gegen Reiseübelkeit) sind weg! Ich suche nun systematisch die Umgebung des Hauses ab – vielleicht hat der Dieb ja die Tasche weggworfen, nachdem er das Geld herausgenommen hatte?! Hat er leider nicht. 🙁

Hubert fährt mit mir zur Polizei, um eine Anzeige aufzugeben. Ich gerate an einen Polizisten, der offensichtlich erst seit seeehr kurzer Zeit hier arbeitet – er weiss weder, wie der Computer funktioniert, noch wo einzelne Sachen, wie z.B. Papier liegen. Nachdem er meine Daten aufgenommen hat wechselt er ins Spanische und einer Unterhaltung sind keine Grenzen mehr gesetzt. Wie sich herausstellt, gehört er eigentlich zu einer Spezialeinheit gegen Drogenhandel und hat eine Zeitlang in Südamerika gearbeitet, wo er Spanisch gelernt hat. Warum er jetzt in Moorea an einem Schreibtisch hockt und Kleinkriminalität aufnimmt frage ich höflicherweise nicht.

Bis auf die persönlichen Sachen ist der Verlust zu verschmerzen. Bargeld war fast keines drin im Geldbeutel und die Kreditkarte habe ich natürlich sofort gesperrt. Der Verlust des Führerscheins ist alledings sehr ärgerlich, denn nun werde ich für Wochen nicht fahren können, denn wer weiss schon ob und wie und wann die spanischen Behörden mir einen neuen ausstellen?! Ausserdem fühlt sich die Tatsache, dass jemand während ich schlafe in mein Zimmer kommen kann und ich davon nichts mitkriege eindeutig unangenehm an. Ich hätte gewettet, dass ich aufwachen würde, aber anscheinend habe ich einen gesegneten Schlaf. Auch die Familie ist geschockt, so etwas ist hier noch nie vorgekommen.

Wie auch immer, passiert ist passiert, die Sachen sind weg. Nun heisst es, wieder auf andere Gedanken zu kommen und weiter zu machen. Und so gehe ich am nächsten Tag ins Lagoonarium.

Mit einem kleinen Boot werde ich zu einer winzigen, vorgelagerten Insel gefahren. Dort bekommt jeder Gast eine kleine Badehütte zugewiesen, wo man sich umziehen kann oder auch aus der Sonne zurückziehen kann (also falls sie denn scheinen sollte, was sie leider nicht tut). Ausserdem gibt es ein kleines Café und einige Sitz-gelegenheiten. Alles ist toll dekoriert mit Muscheln und Korallen. Hier kann man es schon einmal einen Tag aushalten.

Das besondere am Lagoonarium ist allerdings das Schnorcheln. Hier gibt es besonders viel zu sehen unter Wasser und zwar sowohl schöne Korallen, als auch ganz viele bunte Fische. Das highlight sind allerdings die handzahmen Stachelrochen und die Riffhaie, die hier zweimal am Tag mit kleinen Fischen angefüttert werden und daher aus dem grossen Ozean an den von den Menschen gedeckten Tisch kommen. Aber es gibt keine Netze oder Gitter oder so was, es sind wirklich frei lebende Tier, die freiwillig kommen und gehen. Das kann mein Tierschützerherz gerade noch als Einmischung verkraften und ich muss sagen, ich freue mich darauf, diese grossen Fische einmal aus der Nähe betrachten zu können.

Also gehe ich mit einer Handvoll weiterer Gäste ins Wasser und schau mir unter Wasser die grossen Stachelrochen an, die da völlig relaxed und ohne Scheu um uns herum schwimmen. Man hat fast den Eindruck, dass sie sich gerne berühren lassen, denn sie streichen dem Fütterer um den Körper wie Katzen einem um die Beine streichen. Hmmm…???

Dann geht es ins tiefere Wasser und wir müssen uns alle an quer gespannten Seilen festhalten, um nicht von der unglaublich starken Strömung weggespült zu werden. Und dann sind sie auch schon da – die Riffhaie. Erst zwei, dann fünf und dann immer mehr schwimmen diese grossen Fische pfeilschnell um uns herum. Blitzartig verändern sie ihre Schwimmrichtung und ziehen ihre Bahnen so völlig unberechenbar. Sie umkreisen den Fütterer, machen aber keinen aggressiven Eindruck. Uns andere, die wir atemlos und mit klopfenden Herzen die Jäger der Meere beobachten, würdigen sie sowieso keines Blickes. Aber sie sind uns doch sehr nah! Einer der 120-160 cm grossen Schwarzspitz-Riffhaie hat mir mit seiner Schwanzflosse beinahe die GoPro aus der Hand geschlagen! Hier findest du zwei kurze Videos, ungeschnitten und nicht bearbeitet! Unbedingt anschauen! 😉

Das war wirklich ein sehr aufregendes Erlebnis und obwohl der Himmel grau war und die Korallen daher nicht so schön bunt aussahen wie bei Sonnenschein habe ich doch einen supertollen und sehr spannenden Tag hier verbracht. Heute abend falle ich rechtschaffen müde in mein Bett!

An einem anderen Tag kann ich mir von einer Freundin von Hélène ein Auto ausleihen, auch ohne Führerschein das interssiert hier offensichtlich niemand.(Hoffentlich hält mich die Polizei nicht an!) So komme ich wenigstens dazu, einmal ein wenig auf der Insel herumzufahren und sie so besser kennen zu lernen. Als erstes fahre ich bloss bis ins Dorf, setze mich ins Café und schaue mir die Leute an. Hier hat jeder Zeit, es gibt kein Herumgehetze, kein Gerenne. Man kennt sich natürlich und so wird aus jedem zufälligen Treffen ein Plausch. Es scheinen ziemlich viele Ausländer hier zu leben, vor allem natürlich Franzosen.

Insgesamt ist Moorea ein ruhiges Inselchen. Während Tahiti und dort vor allem die Hauptstadt Pape’ete deutlich europäisch geprägt sind und ich doch eine gewisse Tendenz zu Effektivität, Planung und Streben erkennen konnte, so geht das Leben hier noch immer einen gemächlichen Gang und niemand scheint daran gross etwas ändern zu wollen.

Meine Tour steht leider wettertechnisch unter keinem guten Stern. Kaum sitze ich wieder in meinem Auto schon öffnet der Himmel seine Schleusen und ein tropischer Regenguss trommelt auf die Insel nieder. Das kommt so schnell, dass die Sonne kaum Zeit hat, sich hinter den dicken Wolken zu verstecken, was mir diesen wunderschönen, intensiven Regenbogen beschert.

Ich fahre einzelne Ziele an, die mir empfohlen wurden, wie beispielsweise den Botanischen Garten, einen hohen Aussichtspunkt oder die Ananasplantagen. Doch leider verschlechtert sich das Wetter immer mehr und oft kann ich erst gar nicht aus dem Wagen aussteigen. Sicht ist eh gleich null, grau in grau und ausser Wolken nichts gewesen.

Ich versuche auch, eine einheimische Frau zu treffen, die schöne Sarongs handbemalt. Das wäre ja mal ein tolles Souvenir! Aber leider treffe ich die Dame trotz vorheriger Absprache nicht an. Schade.

Trotz allem geniesse ich die Freiheit, einfach herumfahren zu können und so wenigstens einmal aus dem Haus zu kommen.

Und dann wird Hélène krank. Erst schleppt sie sich noch zwei Tage mehr schlecht als recht durch den Tag, aber man sieht ihr an, dass ihr Magen-Darm-Virus ihr ganz schön zusetzt. Am dritten Tag stehe ich dann plötzlich alleine mit den Kindern da – sie bittet mich, mehr oder weniger zu übernehmen. Zwar kommt sie immer wieder mal raus aus ihrem Zimmer, aber so richtig zu was zu gebrauchen ist sie eher nicht. Hoppla! So hatte ich mir das natürlich nicht vorgestellt. Noch bevor ich überhaupt gefrühstückt habe sind die ersten kids schon da und schauen mich erwartungsvoll und unternehmungslustig an. Hmpf…..meine eigenen Kinder sind ja schon gross, will heissen, es ist schon ne ganze Weile her, dass ich mich um so kleine Purzel gekümmernt habe – dazu noch so verschieden im Alter und in einer fremden Sprache! Was soll ich dir sagen? Das war der längste Tag meiner bisherigen Reise und als am Nachmittag endlich alle wieder bei ihren Eltern sind und der Kindi aufgeräumt und sauber ist da bin ich so was von fertig. Und heilfroh, dass der Tag rum ist! Du machst dir gar keine Vorstellung…… Hélène hat der ruhige Tag sehr gut getan und am kommenden Morgen, obwohl noch nicht wieder richtig fit übernimmt sie wieder und ich mach bloss den Hiwi. Welch eine Erleichterung!

Nachdem ich mehrere Tage mit mir gerungen habe treffe ich die Entscheidung, die Familie früher zu verlassen als ursprünglich ausgemacht. Das fällt mir schwer, denn eigentlich halte ich mich an einmal getroffene Vereinbarungen. Doch ich fühle mich einfach nach wie vor nicht so richtig wohl und schliesslich ist es ja auch meine Traumreise und da sollte ich Sachen machen, die mich glücklich mache – oder?!

Und so buche ich ein Insel-Hopping Flugticket Moorea – Bora Bora – Huahine -Tahiti für die kommenden Tage. Ich kriege direkt anschliessend einen flash! Ich geh nach Bora Bora!!!!

Die Familie nimmt meine Entscheidung überrascht, aber doch gelassen auf und sie finden glücklicherweise in kürzester Zeit jemanden, der für mich einspringt. Sie heisst Tatjana und ich mag sie auf den ersten Blick. Ich mache mit ihr, was Janina mit mir gemacht hat: zeige ihr alles, erzähle ein bisschen wie das hier so läuft und mache ihr den Einstieg so einfach wie möglich.

Ich hab noch einen freien Tag gut und Hélène meint, sie käme einen Tag auch mal alleine zurecht, sodass Tatjana und ich eine gemeinsame Wanderung machen können. Eine Dschungeltour ganz alleine ist nämlich keine gute Idee und die Familie war nicht dafür zu begeistern. So machen wir beide uns am kommenden Morgen auf den Weg mit einer ungefähren Wegbeschreibung und guter Laune im Gepäck. Fröhlich plaudernd und Reiseanekdoten austauschend suchen wir uns unseren Weg. Das Plaudern weicht allerdings schon bald einem immer lauter werdenden Schnaufen, denn bei dreissig Grad und 80% Luftfeuchtigkeit einen dschungelbedeckten Berg hinaufzuklettern, das ist ganz schön anstrengend kann ich dir sagen. Wir suchen uns unseren Weg mehr schlecht als recht, denn offensichtlich ist hier schon lange niemand mehr gewandert. Kunststück! Die Einheimischen halten uns Touristen eh für völlig durchgeknallt, dass wir bei der Hitze unbedingt im Wald herumlaufen wollen. Und die Touristen hält es meist schön brav auf den ausgetretenen Pfaden und an den schönen Stränden, sprich in den Resorts. Aber wir beide haben uns gefunden und ermuntern uns gegenseitig. Beide geben wir offen zu, dass wir die Tour alleine wahrscheinlich abgebrochen hätten, aber so zu zweit helfen wir uns über schwierige Stücke, wenn der eh schon schmale Pfad teilweise ausgewaschen oder weggebrochen ist, wenn wir über grosse Felsbrocken und umgestürzte Bäume klettern müssen und auch schlicht bei der Auffindeung des Weges überhaupt. Denn mehr als einmal ist plötzlich einfach kein noch so schmaler Pfad mehr auszumachen. Aber immer wieder öffnet sich der Dschungel ein Stückchen, sodass wir wieder erkennen, wo wir sind und im Grunde genommen ist es eh einfach: erst geht es immer hoch bis ganz oben, dann eine Weile lang am Grat entlang und dann wieder nach unten bis wir auf ein paar Häuser treffen. Von da aus haben wir die Wahl, direkt wieder zur Küste zu laufen oder den langen Weg über ein Dorf um ein Stück weiter weg an die Küste zu gelangen. Als wir nach ungefähr vier Stunden an besagten Entscheidungspunkt kommen gibt es auch nicht den kleinsten Moment des Zögerns: wir nehmen den direkten Weg!

Ausgepowert und unübersehbar zufrieden kommen wir im Dorf an und besorgen uns, da wir leider kein Café oder so was finden, im Supermarkt ein kühles Bier und ein paar Snacks. Wir setzen uns an die Bushaltestelle und picknicken und fühlen uns wieder wie vierzehn (Bushaltestelle und so). Hahaha…… Per Anhalter geht es zurück nach Hause und das war mal ein richtig guter Tag heute.

An meinem letzten Abend lädt uns Hélène ins noble Sofitel zur Show ein. Hier gibt es eine Happy Hour, sodass die Getränke nicht ganz so teuer sind und anschliessend eine Maori-Tanzshow. Das Hotel ist edel und genauso, wie man sich das so vostellt: Palmwedel gedeckte Dächer, edle Hölzer und hübsche Tahitianerinnen, die den meist älteren Gästen ihre Wünsche erfüllen. Die over-water Bungalows sehen einfach klasse aus, aber auch die Gartenbungalows machen einen sehr guten Eindruck auf mich. Der gepflegte Garten lädt zum Flanieren ein und der Strand ist traumhaft schön. Für einen Tag oder zwei würde ich mich tatsächlich auch gerne einmal in so einem Luxusresort verwöhnen lassen…..

Die Show beginnt mit ein paar Feuertänzern. In atemberaubender Geschwindigkeit wirbeln die Männer ihre Fackeln herum, werfen sie sich gegenseitig zu, springen dabei stampfend herum und stossen wilde Schreie aus. Die zuckenden Flammen werfen Licht und Schatten auf die muskulösen Körper und die weit aufgerissenen Augen lassen die Tänzer fast wie Dämonen erscheinen. Richtig toll! Die anschliessenden „normalen“ Tänze können da weder in Ästhetik noch in Atmosphäre mithalten und es ist offensichtlich, dass die Tänzer nicht zur Elite gehören. Was soll’s, den Gästen gefällt’s trotzdem, zumindest denen die von ihren Tellern aufschauen, um den Tänzern zuzusehen. Das sind die wenigsten und schon wird mir klar, warum die Tänzer wenig motoviert sind und ich applaudiere ein bisschen lauter und länger, als es die Darbietung eigentlich verdient hätte. Ich finde es furchtbar, wenn Künstler, Performer, etc. sich viel Mühe geben und das Publikum das gar nicht oder wenig würdigt, sprich nicht applaudiert, schon vor dem letzten Vorhang das Theater verlässt oder – ganz schlimm – erst gar nicht hinschaut. Warum gehen die Leute denn dann hin?

Egal, wir Mädels hatten einen tollen Abend und ich rechne es Hélène hoch an, dass sie trotz ihres Unwohlseins mit uns hierher gekommen ist.

Und dann heisst es wieder einmal Abschied nehmen. Die Kinder machen plötzlich einen Reisenwirbel um mich, obwohl ich sicher nicht ihre Lieblingstati bin (ich hab halt nicht immer alles durchgehen lassen….) und Hélène nimmt mich fest in den Arm. Irgendwie war es ja auch trotz allem eine tolle Zeit und ich habe die ganze Familie ins Herz geschlossen.

Fazit: Moorea ist eine wunderschöne Insel und hat viel zu bieten: tolle Strände, super schnorcheln und anspruchsvolle Trekkingmöglichkeiten. Die Infrastruktur ist gut und Pape’ete als „Grossstadt“ nur eine halbe Stunde entfernt. Mir persönlich gefällt es hier sogar besser als auf Tahiti!

Und jetzt kommt……(Trommelwirbel)….. Bora Bora!!!!