Mit Fritz über die Südinsel – Castle Rock, Arthur’s Pass und Pancake Rocks

23. Juni 2017 4 Von Nicole

Frisch durchgecheckt, repariert und vollgedankt präsentiert sich der kleine grüne Ford, nimmt willig mein Gepäck und mich auf und los geht’s, um gemeinsam ein weiteres Stück Neuseeland zu erkunden!

Es ist immer aufregend, einen neuen Reiseabschnitt zu beginnen. Jedes Mal ist es wieder ganz anders, ich muss mich immer wieder ganz neu einstellen, Vergangenes bewusst hinter mir lassen und mich dem Neuen öffnen. Heute steht der Beginn eines roadtrips an, ich bin zum ersten Mal ganz alleine mit dem Auto unterwegs und habe bis auf Weiteres keine Reisebegleitung, kein „Zuhause“ und auch keinen richtigen Plan, wie wo was jetzt ansteht. Für heute weiss ich lediglich, das ich in Richtung Westen zur Küste fahre. Spannend!

Ich fahre lange Zeit durch Weideland, Rinder, Schafe und viele Pferde, die Farmen werden grösser, liegen weiter auseinander, die Städtchen werden kleiner.

Die Berge, die ich von meinem Zimmerfenster aus sehen konnte kommen nun näher. Vor ein paar Tagen hatte es dort geschneit (!!) und die obersten Bergspitzen sind immer noch weiss betupft. Am Wegesrand finde ich „Perlen“ wie diese hier:

 

 

Dann geht es bergauf. Eine kurvige aber gut ausgebaute Strasse führt mich hinauf und hinter jeder zweiten Kurve muss ich anhalten und ein Foto machen, so schön ist die Landschaft. Meinen ersten richtingen Stopp mache ich bei den Castle Hills. Hier gibt es wunderschöne Kalksteinformationen zu bewundern und zu bewandern. Ein Foto kann leider die Grandiosität dieser Landschaft auch nicht annähernd wiedergeben, hier hab ich aber dennoch ein paar Eindrücke für dich:

Ich könnte den ganzen Tag hier herumwandern, auf die einzelnen Steinbrocken klettern und mir die Welt von da aus anschauen. Und die Aussicht ist rundherum so schön! Ich finde Berge einfach toll. Die Weite im Flachland ist zwar auch schön und hat durchaus etwas Faszinierendes, aber die Berge sind doch noch schöner!

Ich fühle mich herrlich entspannt und……. na ja, irgendwie – frei. Ich kann hier bleiben oder weiterfahren. Ich kann anhalten, wo immer es mir passt. Ich kann Musik hören solange und so laut ich will oder ich kann einfach leise und still sein. Es ist herrlich!! 😀

Ich fühle mich beim Weiterfahren ein bisschen an in die europäischen Alpen erinnert. Das Bergpanorama, die Föhnwolken (die heissen übrigens hier auch so, also Föhn Clouds!!)……, das wird noch verstärkt als ich in ein klitzekleines Dörfchen komme, das aus lauter Ferienhäusern besteht. Und die sehen zum Beispiel so aus:

Die Weiterfahrt ist ein echtes Highlight an Landschaft. Bereits wenige Kilometer weiter komme ich schon wieder an eine interessante Stelle. Hier wurden Teile der Narniafilme gedreht und ich bleibe glücklicherweise auch hier eine Weile und wandere herum, geniesse die warme Sonne und die immer noch grandiose Aussicht.

Inzwischen bin ich schon mittendrin im Arthur’s Pass National Park. Hier würde normalerweise auch ein Zug fahren, der TraNZalpin aber leider wurden durch ein verheerendes Buschfeuer mehrere Brücken und Gleisabschnitte extrem in Mitleidenschaft gezogen oder sogar zerstört, daher fährt der Zug von Christchurch über Arthur’s Pass nach Greymouth im Moment nicht. Allerdings ein echter Knaller für Eisenbahnfans! Ich glaube, ich komm irgendwann nochmal her und mach diese Fahrt. Es ist einfach unglaublich schön hier in den sogenannten „Südlichen Alpen“. Vielleicht sogar im Winter? Im Sonnenschein durch diese Berge zu fahren und das Schneeglitzern im Blick……..atemberaubende Vorstellung!

Im Bergdorf von Arthur’s Pass mache ich Mittagspause. Eigentlich bin ich schon randvoll mit Eindrücken und schönen Bildern und doch ist es erst kurz nach Mittag. Der frühe Vogel … 😀 😀

Ich spaziere ein bisschen im Dorf herum, sitze eine Weile am Fluss und erwandere dann diesen grandiosen Wasserfall am Talausgang. Es geht steil bergauf und ich komm ganz gut ins Schwitzen. Aber es ist ein wunderschöner Weg und nach dem ganzen Autofahren eine wahre Wonne. Irgendwo  unterwegs komme ich an diesem lustigen Schild vorbei (zur Erklärung: Kiwi ist ein in Neuseeland beheimateter einzigartiger Vogel. Er hat keine Flügel, ist unscheinbar braun und nachtaktiv. Das heisst, man bekommt ihn praktisch nie zu sehen. Dennoch haben die Neuseeländer ihre Kiwis lieb und diese sogar zu ihrem Wappentier erkoren. Die bei uns so beliebte Kiwi (Frucht) heisst hier richtigerweise Kiwifruit. Also auch die neuseeländischen Hunde killen keine Kiwifrüchte, sondern nur Kiwivögel) 😉

Ich verschone dich jetzt mal mit weiteren Fotos von Grün und Bergen und Aussicht, sonder präsentiere ein Stück aufregender neuseeländischer Ingenieurskunst, den Otira Viadukt! (Mit Aussicht, hihi). Das ist mal eine Riesenbrücke, sehr hoch und sehr freistehend! 440 m lang und rund 40 m hoch und ich ganz alleine auf dieser grossen Brücke. Ziemlich mulmiges Gefühl wenn man da darüber fährt.

Eine weitere verkehrstechnische Besonderheit sind die sogenannten „one lane bridges“, also Brücken mit nur einer Fahrbahn. Das kann eine Minibrücke über irgendeinen kleinen Bach sein oder auch eine superlange Brücke über einen breiten Fluss. Es gibt nur eine Fahrspur und du kannst dir sicher sein, dass du seit dreissig Minuten kein Auto gesehen hast aber trotzdem an der nächsten Brücke mit Sicherheit Gegenverkehr hast! Ist kein grosses Problem, denn die Vorfahrt ist geregelt, das Verkehrsaufkommen mehr als übersichtlich und schliesslich hat man ja auch keine Eile, sondern kann schnell noch ein paar Fotos schiessen während man wartet. 😉 Aber speziell ist es auf alle Fälle, zumal es tausende dieser Brücken im ganzen Land gibt. (Genauer gesagt, es gibt so gut wie keine anderen ausser in den richtig grossen Städten.)

Beim Schiessen des Viadukt Fotos bekomme ich Besuch von einem Kea (Vogel). Ich bin ganz aufgeregt und fange sofort an, Fotos zu machen. Diese Vögel sind nicht besonders scheu, sondern bereits sehr an Menschen gewöhnt. Sie kommen mit Vorliebe zu Park- und Picknickplätzen, wo sie leider oft gefüttert werden oder im Müll nach Futter suchen. (Das Fressen der ungewohnten Nahrung führt in sehr vielen Fällen zum Tod des Tieres). Mein Exemplar hier hat noch zwei Freunde mitgebracht und gemeinsam machen sie sich daran, die Gummis an meinen Autoscheiben abzuknabbern. Einer versucht ernsthaft in das Innere des Wagens zu kommmen. Frech wie Oskar, die Biester!

Es ist schon ziemlich spät am Nachmittag als ich an der westlichen Küste ankomme. An der Kumara Junction muss ich eine Entscheidung treffen: nördlich zu den Pancake Rocks (eine weitere Kalksteinformation) oder gleich südlich in die eigentliche Fahrtrichtung? Dreimal darfst du raten! Pancake Rocks ich komme!! Die Fahrt dauert rund zwei Stunden und geht fast die ganze Zeit an der Küste entlang. Ich bin auf dem berühmten Highway 6, dem längsten Highway der Südinsel. Ganz ehrlich? Dieser Abschnitt hier (er heisst Great Coast Road) steht der berühmten Great Ocean Road in Australien in Nichts nach! Es ist eine wunderschöne Fahrt. Die Sonne steht schon recht tief über dem Meer und taucht die Natur in satte Farben. Glänzende, sattgrüne Blätter, Gräser und Bäume auf der einen Seite und den tiefblauen, glitzernden Osean auf der anderen – das ist ein Schauspiel, das ich so schnell nicht vergessen werde. So was von einer richtigen Entscheidung!

Kurz vor Sonnenuntergang komme ich an den Pancake Rocks an. Du kannst gleich selber schauen, warum die so heissen, wie sie heissen, nämlich Pfannkuchenfelsen.

Der Kalkstein ist in Schichten waagerecht übereinander abgelagert, das macht diese Felsen echt zu etwas Besonderem. Ich hab sowas jedenfalls noch nie gesehen. Das Schattenspiel der untergehenden Sonne macht es noch einmal spezieller und ich bin völlig verloren im Anblick dieses Naturschauspiels. Als die Sonne letztendlich untergegangen ist bin ich rechtschaffen müde und hungrig. Bis zum nächsten Dorf sind es nur ein paar Minuten Fahrt. Das Hostel hat gleich mal ein „no vacancy“ Schild draussen und so fahre ich direkt weiter zum Pub. Ich frage nach einer Unterkunft und der sehr hilfsbereite Kellner telefoniert ein bisschen herum und findet ein günstiges Zimmer für mich. Glücklich bestelle ich mir ein Abendessen und falle geschafft auf einen Stuhl. Was für ein Tag!!

Nach rund fünfzehn Minuten Fahrt erreiche ich das Dörfchen, wo mein Hostel sein soll. Ich fahre die zwei Strassen hoch und runter (es ist stockdunkel und natürlich ist kein Mensch auf der Strasse) und das einzige einem Hotel ähnelnde Gebäude ist verschlossen und dunkel. Ich halte trotzdem und gehe zum Hintereingang des Hauses, wo ich Licht sehe. Tatsächlich! Auf mein Klopfen kommt eine ältere Dame angewackelt, die schon auf mich gewartet hatte. Das Hotel sei wegen Umbauarbeiten geschlossen, aber sie würden ein paar Backpackerzimmer und Zeltplätze vermieten. erzählt sie mir. Aha! Oje! Na ja, für eine Nacht….. erfreulicherweise ist das Zimmer einigermassen okay, das Wasser in der Dusche heiss und das Bett gemütlich.

Das war ein langer Tag heute! Ich hab mich kaum ins Bett gekuschelt da bin ich auch schon weggeschlummert. Entsprechend früh bin ich auch am kommenden Morgen wieder wach. Ich spaziere an den nahegelegenen Strand und werde friedvoll, leise und so schön begrüsst. So eine frühe Morgenstimmung hat ja schon auch was! Ganz alleine schlendere ich am Strand entlang, lausche dem plätschernden Flüstern des Ozeans und schaue dem jungen Tag beim Aufwachen zu. Der Dunst verzieht sich, die Farben kehren zurück. Noch ist es kühl und schattig, da die Sonne es noch nicht bis über die Berge geschafft hat, aber der Tag ist da und damit ein neues, noch leeres Blatt in meinem Buch……