Boah!!! Der Wecker klingelt – draussen ist es stockdunkel. Der Wecker zeigt 4.15h! Was um alles……
Wir wühlen uns aus unseren Betten und machen uns fertig. Überpünktlich klopft unser Taxifahrer an die Tür. Er sieht ungefähr so müde aus, wie wir uns fühlen.
Die Fahrt dauert ungefähr 20 Minuten und führt uns raus aus der Stadt und einen Hügel hinauf. Man hat einen wunderschönen Blick auf die Lichter der Stadt. Es ist kaum jemand unterwegs (Kunststück!) und schnell sind wir am Ziel. Am Fusse einer grossen Treppe lässt unser Fahrer uns raus.
Zwei grosse prächtige Nga-Schlangen zieren die Treppe und begleiten uns die ganzen 380 Stufen nach oben. Langsam gehen wir die Stufen nach oben. Es ist kalt. Zwar regnet es nicht, aber es ist richtig kalt – vielleicht 5-6 Grad. Am Ende der Treppe bewachen zwei grosse steinerne Wächter den Eingang. Wir treten durch den Eingang und befinden uns auf einer Art Vorhof. Hier sind ein Mönch und einige Helfer dabei, alles für den Tag vorzubereiten. Der Hof wird gefegt und gewischt, Klapptische werden aufgestellt. Wir bleiben etwas unschlüssig unter dem grossen Torbogen stehen. Doch der Mönch winkt uns freundlich herein. So gehen wir auf die gegenüberliegende Treppe zu, ziehen unsere Schuhe aus und steigen die letzten Stufen hoch. Der Marmorboden ist eiskalt.
Und dieser goldeneTempel ist wunderschön! Er gilt als einer der schönsten buddhistischen Tempel des nördlichen Thailands, was schon etwas heissen soll, denn hier gibt es einen schönen Tempel an jeder Ecke. Rund um den quadratischen Platz gibt es einen überdachten Gang, wo verschiedene Buddhastatuen stehen. Dann gibt es in jeder Himmelsrichtung einen kleinen Seitentempel (Viharn) mit jeweils einer besonderen Statue.
Im Zentrum des Platzes steht der grosse vergoldete Chedi, wunderschön anzusehen vor dem nachtschwarzen Himmel, Rundherum verläuft ein kleiner Zaun mit mehreren gemauerten Abschnitten, auf denen auch wieder Buddhastatuen stehen; die meisten sind vergoldet, aber es gibt auch schwarze und weisse und sogar einen grünen.
Wir unterbrechen unsere Besichtigung als im westlichen Viharn die Mönche zum Morgensegen zusammen kommen. Aus diesem Grund sind wir nämlich überhaupt schon so früh hier: wir wollten das morgentliche Chanting der Mönche hören. Um sie nicht in ihrer Meditation zu stören bleiben wir draussen. Direkt neben dem Tempel gibt es einen kleinen Gang mit Stühlen, dort setzen wir uns hin. Wir können nun in das Innere des Tempels blicken, können die Gesänge hören, stören aber niemanden.
Wir sitzen ganz still und meditieren mit. Es ist so ruhig hier, still und friedlich. Und diese monotonen, tiefen Stimmen üben einen beruhigende, fast hypnotische Wirkung aus. Wir sitzen sicher eine halbe Stunde dort, dann kann ich es nicht mehr aushalten. Es ist so kalt, ich bin total durchgefroren! Und meine nackten Füsse auf diesem eiskalten Marmorboden!!Erleichtert folgen mir die Mädels nach draussen und wir bekommen doch tatsächlich unten im Vorhof eine Tasse heissen Tee! Himmlisch!!
So zumindest teilweise wieder aufgetaut können wir uns dem weiteren Entdecken des Tempels widmen. Langsam wird es heller und alles sieht anders aus. Wir gehen auf die östliche Seite des Tempels, doch leider bleibt die Sonne hinter Wolken verborgen und so ist es nix mit schönem Sonnenaufgang. Trotzdem ist der Blick über die Stadt sehr schön!
Constanze ist als Hobbyfotografin total im Glück. Es gibt so viele schöne Motive hier, sie kann sich kaum satt sehen. Und Gabriele und mir geht es kaum anders. Hinter jeder Ecke verbirgt sich wieder noch eine besondere Statue, noch ein kleiner Seitentempel mit schönen Mosaikarbeiten, besonderen Schnitzereien oder noch ein kleiner Garten.
Ich gehe noch einmal zurück in den Hauptviharn, wo vorhin die Mönsche gesungen haben, Gabriele kommt auch mit. Es ist nur noch ein einzelner, älterer Mönch da. Wir gehen hinein und er winkt uns zu sich und zeigt uns wo wir uns hinknien können. Er fragt uns ein bisschen aus wo wir herkommen und so, und dann gibt er uns seinen Segen und bespritzt uns mit ein bisschen Wasser (ich wusste nicht, dass es bei den Buddhisten auch so etwas mit Wasser gibt). Es ist irgendwie schön – auch wenn wir keine Buddhisten sind. 😉
So langsam bekommen wir Hunger und ein fast unstillbares Verlangen nach Aufwärmen (ohne Witz, es ist ist höchstens 5ºC kalt und auch noch windig!), so gehen wir in den Vorhof hinunter mit der Hoffnung Constanze wiederzufinden. Statt dessen sehen wir aber jede Menge andere Leute: es ist die Stunde der Morgengabe. Buddhistische Mönche haben keinen eigenen Besitz und arbeiten nicht. Sie leben von den Almosen der Menschen. Es gibt ein festes Ritual, das die Mönche verpflichtet jeden Tag ins Dort zu gehen und die Almosen der Menschen entgegen zu nehmen. Im Gegenzug erteilen die Mönche ihren Segen.
Man darf dieses Ritual nicht mit Betteln im herkönnlichen Sinn verwechseln; es ist ein tiefreligiöses Handeln, das es den Menschen erlaubt gutes Karma anzusammeln (ich schreibe hierzu demnächst einen ausführlichen post – link folgt!) und den Mönchen das Überleben sichert. Da das Wat Doi Suthep ein sehr bekanntes Kloster ist, gibt es viele Menschen, die hier herauf“pilgern“, um sich ihren Segen abzuholen. Es stehen hier also im Vorhof mehrere ältere Mönche, die diese Menschen und ihre Gaben empfangen. Es gibt sogar einen Tisch, wo die Gläubigen schon fertig gepackte Päckchen kaufen können, die sie den Mönchen übergeben (es lebe der Fortschritt!). Als alle ihre Gaben abgegeben haben singen die Mönche gemeinsam den Segen und alles gehen zufrieden ihrer Wege.
Eventuell wäre es einmal zu überlegen, ob es uns in unserer modernen, schnellen Welt nicht auch guttun würde, den Tag mit ein paar Minuten Musse, Ruhe, Stille und Einkehr zu beginnen!! 😀
Da wir inzwischen wir komplett sind machen wir uns an den Abstieg die lange schlangenbewehrte Treppe hinunter. Es kommen uns viele Menschen entgegen und am Ende der Treppen haben mittlerweile die dortigen Buden und Läden schon geöffnet. Wir freuen uns sehr, dass wir den Tempel und die Morgenruhe so ganz alleine und für uns geniessen konnten. Denn tagsüber ist dieser Tempel ein Hauptmagnet für alle Urlauber in Chiang Mai und Umgebung und entsprechen gehts hier zu – da ist nix mehr mit Ruhe und Besinnung!
Unser Fahrer wartet schon auf uns und fährt uns ratzfatz wieder in die Stadt. Auf dem Weg sehen wir einige der jüngeren Mönche, die ihre Morgengabe im Dorf unten abholen. Er lässt und gleich an einem kleinen Frühstücklokal raus, das ich noch von meinem letzten Thailandurlaub kenne. Wir bestellen uns ein königliches Frühstück und vor allem erstmal ein paar Kannen schönen, heissen Tee! Das beste Frühstück seit langem!!!!
Frisch gestärkt machen wir uns auf den Weg, die Stadt ein bisschen besser kennenzulernen und vor allem ein paar der zahlreichen Tempel zu besuchen. Die Sonne ist inzwischen ganz da und es wird schön warm – unsere Lebensgeister sind wieder voll da!
Jeder Tempel hat etwas Besonderes zu bieten: einzigartige, schöne Buddhastatuen oder kunstvolle Schnitzereien und Vergoldungen oder spezielle Kristalllüster, manche sind eher chinesisch beeinflusst, andere eher burmesisch – je nach Alter und Bauherr eben. Einer der ältesten Tempel der Stadt besteht noch immer aus einem Teakholzhaus! Von denen gibt es fast keine mehr in Thailand.
Bevor wir unseren kulturell-spirituellen Tag beim Monck-Chat (Gespräch mit einem Mönch) beschliessen gehen wir noch zu einer ausgiebigen Massage, denn der Körper will ja auch zu seinem Recht kommen. 😉 Der Monk-Chat findet in einem kleinen Tempel in der Altstadt statt. Der Viharn ist klein, beherbergt allerdings eine schöne, grosse Buddhastatue, die in wechselden Farben angestrahlt wird (die Asiaten haben eine völlig andere Vorstellung von „schön“!! – grins). Ausserdem sitzen auf einer Seite fünf ältere Mönche in Meditationshaltung. Ah, hier finden wohl die Gespräche statt! Respektvoll nähern wir uns den Mönchen. Und stellen fest, dass sie – Wachsfiguren sind!!! Jooooo!!! Mann, die sehen voll echt aus….hahahah!!!!
Unser Chat Mönch sitzt im Garten und ist sehr jung. Trotzdem hat er schon eine grosse Reife in geistigen Dingen, wie sich im Laufe unseres Gespräches herausstellt. Wir fragen ihn ein paar Dinge über das Leben der Mönche und die verschiedenen Positionen und Handhaltungen der Buddhastatuen in den Tempeln. Dann erklärt er uns die Grundlagen des Buddhismus.
Buddhismus ist keine Religion, sondern eine Philosophie. Buddha ist kein Gott, sondern ein Mensch, der erleuchtet wurde. Nach seiner Erleuchtung begann er zu lehren und diese Lehre und seine Gesetze bilden die Grundlage des heutigen Buddhismus. Die Gesetze lauten:
- nicht töten
- nicht stehlen
- kein ungebührliches sexuelles Verhalten
- nicht lügen
- keine Drogen
Diese Gesetze werden ziemlich eng gesehen. Nicht töten schliesst alle Lebewesen mit ein (auch Moskitos! 😉 ) und bedeutet eben auch Respekt gebenüber allen Lebewesen. Nicht stehlen bedeutet, nichts zu nehmen, was nicht freiwillig gegeben wird – dies dürfte wohl im modernen Business für Unruhe sorgen. Zu ungebührlichem Verhalten zählen beispielsweise auch Umarmen in der Öffentlichkeit oder freizügige Kleidung (Tops, Shorts,etc.). Nicht lügen bedeutet wirklich, immer bei der Wahrheit zu bleiben, aber ohne andere zu verletzen – es gibt eine Unterscheidung zwischen weisser Lüge (quasi aus höheren Beweggründen) und schwarzer Lüge (um sich selbst einen Vorteil zu veschaffen). Keine Drogen schliesst alles mit ein, was den aufmerksamen Geist trüben könnte, also auch Alkohol, Spielsucht, Arbeitssucht, usw.)
Er erklärt uns ausserdem die buddhistische Theorie des Karma und was es mit Himmel und Hölle auf sich hat. Ich werde dies ebenfalls in einem gesonderten Artikel genauer beschreiben.
Wir sind ganz schön beeindruckt von dem jungen Mönch und fühlen uns beschenkt, dass er uns freimütig und humorvoll so viel über seinen Glauben erzählt hat. Als Fazit unseres Gespräches gib er uns folgende Maxime mit auf den Weg:
Think good – speak good – do good! (Denke gut – sprich gut – handle gut)
Follow your heart and do everything with love! (Folge deinem Herzen und tue alles mit Liebe!)
Unser Tempel-Tag mit dem Mönch-Interview…
Beeindruckend bis zur Sprachlosigkeit!
Der goldene Tempel bei Sonnenaufgang, die Ruhe, die faszinierende Stimmung, die uns umgibt,
die gänsehautverursachenden und zu Tränen rührenden Morgengesänge der Mönche, das Tempelleben hautnah und mittendrin.
Inklusive einer privaten Fragestunde im Klostergarten
Einfach unbeschreiblich und einmalig!