NZ Südinsel – Traumland

6. Juni 2017 6 Von Nicole

Ich bin zurück in Wellington und die Stadt zeigt sich von ihrer allerbesten Seite: Sonne pur und fast 30 Grad! Ich bin zwar nur auf der Durchfahrt, freue mich aber rotzdem sehr über dieses schöne Wetter, denn ich nehme heute die Interislander Fähre von Wellington (Nordinsel) nach Picton (Südinsel) und – als aufmerksamer Leser wirst du es wissen: die Seekrankheit bedroht mich wieder einmal! Aber bei diesem Wetterchen und einem grossen Schiff kann mir eigentlich nichts passieren.

Und tatsächlich! Das Bötchen liegt völlig ruhig im Wasser und gleitet geruhsam und nicht schaukelnd aus dem schönen Wellingtoner Hafen. Die Sonne brutzelt mir auf die Haut, der Wind versucht, mit mein Cap zu klauen und in mir drin singt es. Wirklich, es singt in mir und das obwohl ich auf einem Schiff bin! Das Meer glitzert und schimmert, es ist tiefblau und selbst als wir das geschützte Hafenbecken verlassen und duch die enge Einfahrt in das offene Meer fahren sind die Wellen klein und spielerisch. Es ist einfach herrlich.

Langsam und stetig bleibt die Nordinsel zurück und die Südinsel kommt immer besser in Sicht. Es ist schön, so langsam zu reisen. Ich kann mich in Ruhe von dem, was hinter mir liegt verabschieden und habe dann eine Art „neutralen Raum“ bevor ich mich auf das vor mir Liegende vorbereiten und mich für Neues öffnen kann. Und dann packt mich die Südinsel voll!

  Auf beiden Seiten des Schiffes tauchen buckelige Drachenrücken auf, dunkelgrün bewachsen, schimmernd, glänzend, eindrucksvoll. Tiefblaues Meer, dunkelgrüne Hügel, Berge, Felsen, nicht schroff und unnahbar sondern lockend, alt, beruhigend und irgendwie……hmm, erkennend. So als sei ich schon mal hier gewesen, so als würden diese Drachenrücken und ich uns kennen, so als wäre ich auf diesen Rücken schon mal durch die Lüfte geflogen…..

Hier gibt es keine Schwierigkeiten mit der Energie, nein, hier komme ich an und bin da. Es ist eine Art von, es ist „richtig“, jetzt hier zu sein. Diese Natur ist so wunderschön, dass ich mich nicht sattsehen kann, Gänsehaut und feuchte Augen – das ist sicher die allerschönste Hafeneinfahrt der Welt und sie heisst Marlborough Sounds. Unglaublich!!

Das geruhsame Hafenstädtchen Picton zaubert ein Lächeln auf mein Gesicht. Ich hab nämlich eine Stadt erwartet, schliesslich verkehrt die grosse Interislander Fähre mehrmals täglich und so ist Picton ja eine Art Hauptverkehrsknotenpunkt der Südinsel. Nichtsdestotrotz ist Picton ein Dorf mit nicht mal dreitausend Einwohnenern. Heute allerdings platzt dieses Dorf aus allen Nähten, denn ein Riesenkreuzfahrtschiff liegt vor Anker und hat seine xTausend Passagiere ausgespuckt, sodass eine Menge chinesischer Touristen die Cafés bevölkern und die Geschäfte stürmen.

Aber am kommenden Tag legt der Kreuzer ab und Picton kehrt zur gemütlichen Geruhsamkeit des Alltages zurück. Von den hohen Drachenrücken eingerahmt spiegelt sich das ruhige Wasser des Hafenbeckens, in dem ein paar kleinere Boote schaukeln. Die Kellner in den Cafés haben wieder Zeit, die Freunde auf der Strasse zu begrüssen, die Ladenbesitzer stehen unter der Tür und werfen den vorübergehenden Einheimischen Begrüssungen und Scherzworte zu, jeder ist entspannt.

Ich mache mich auf, einen kleinen Drachenrücken zu besuchen. Mit Picknick und Wasserflasche ausgestattet gehe ich genau an der Grenze zwischen Wasser und Land, tauche ein in das Grün, steige auf und ab, dann  höher und höher bis ich endlich ganz vorne an der Schwanzspitze angekommen bin. Unter mir gleissendes, glitzerndes, glänzendes Blau, ab und zu unterbrochen durch ein Boot, das einen weissen Streifen hineinmalt und so einen Kontrapunkt setzt, der dieses grandiose Bild noch zusätzlich belebt.

Rund um mich herum brummt und summt das Leben, Blätter flüstern in der leichten Brise und ein paar Blumenköpfchen strecken sich in Richtung Sonne und lassen sich liebkosen. Diese lebendige Stille nimmt mich auf, mein Blick wandert über die anderen Hügel und Berge, Brüder und Schwestern „meines“ Drachens…. eine Familie, seit Jahrtausenden in stiller Unbeweglichkeit hier vereint. Ich fühle mich als Teil des Ganzen, gehöre dazu. Ruhe. Sein. Ist das Glück?

Die Zeit steht still und doch wandert die Sonne und mahnt mich, wieder zurück in die Welt der Menschen zu gehen. Ich habe meinen Teil der uralten Energie bekommen, meinen Respekt und meine Liebe hier gelassen – nun bin ich bereit und kann dieses Land entdecken, erkennen, erleben. Ein unglaublichen Willkommen!

Am nächsten Morgen breche ich auf, gebe mich in den Fluss, biete mich diesem Land an und lasse mich überraschen, was kommt. Ein hübsches kleines Städtchen namens Nelson ist mein heutiges Ziel. Hier wurde der berühmte Ring (für „Herr der Ringe“) designed und hergestellt und ich bin echt in den Laden gedackelt und hab ein Foto gemacht (die waren dort super nertt, sind wahrscheinlich kauzige Touristen gewöhnt!)

Ich möchte von hier aus ein paar Wanderungen machen, daher führt mich mein Weg gleich einmal zur Touristeninfo und in das DOC Büro (Department of Conservation). Hier wird mir von der angestrebten Wanderung dringends abgeraten, da schwierig und Ausrüstung und nicht alleine und so……. na ja, dann halt nicht, schön im Fluss bleiben…… was wird mir denn vorgeschlagen? Ein Ausflug in den Abel Tasman National Park. Sehr schön, ich buche ein Drei-Tages-Ticket, packe einen kleinen Rucksack und werde am nächsten Morgen früh mit dem Bus abgeholt. Die Fahrt nach Kaiteriteri dauert rund 45 Minuten und der Fahrer versorgt uns nebenher mit Informationen über die Gegend (zum Beispiel werden hier u.a. besonders leckere Äpfel angepflanzt. Es ist gerade Erntezeit und ich esse jeden Tag ein paar davon).

Hier werden wir auf ein Boot (schon wieder!) umgeladen und kurz darauf geht es auch schon los, die Küste entlang. Das Wetter ist sehr schön sonnig, die See ruhig und so kann ich auch diese Bootsfahrt geniessen. Wir besuchen im Vorbeifahren eine Seehundkolonie und fahren dann diverse Buchten und Strände an, wo jeweils Leute ein- oder aussteigen. Ich fahre allerdings bis zur vorletzten Station und kann so die gesamt Küstenfahrt geniessen. Auch hier auf dem Boot bekommen wir diverse Informationen über den National Park, wie zum Beispiel wer denn eigentlich Abel Tasman war (ein holländischer Seefahrer, der hier so einiges entdeckt hat. Nach ihm wurde u.a. Tasmanien und die tasmanische See, sowie eben auch dieser Nation Park benannt.) und welche Massnahmen ergriffen werden, um endemische Fauna und Flora zu erhalten, bzw. wieder anzusiedeln. Zu diesen Massnahmen gehören beispielsweise Fallen für die aus Australien eingeschleppten Opposums, Duftfallen für Wespen und auch gnadenloses Vergiften von unerwünschten Bäumen, wie Pinien und Kiefern, die braun und tot aus dem sonst saftigen Grün herausstechen. (Neuseeland ist übrigens keinesfalls so öko und grün, wie uns das in Europa dargestellt wird! Leider!)

Das Boot läuft ganz sanft auf den Strand auf, eine schmale Gangway wird ausgefahren, eine Handvoll Leute steigt mit mir hier aus und schon ist das Boot wieder weg. Heute nachmittag werde ich an einem anderen Strand zu einer bestimmten Uhrzeit wieder eingesammelt. Zuerst bleibe ich einmal hier an diesem wunderschönen Strand und geniesse die Sonne und das Meer und die Aussicht.

Meine Wanderung führt mich heute an der Küste entlang den Weg wieder zurück, den ich mit dem Boot hochgefahren bin. Ein gut ausgebauter Wanderweg führt bergauf und bergab immer in Küstennähe und teilweise direkt über den Strand. Ich kann atemberaubende Aussichten auf türkisblaues Wasser geniessen, ruhige Momente im Wald, unglaublich schöne Strände und auch immer wieder kurze Begegnungen mit anderen Wanderern. Diese Landschaft ist so abwechslungsreich und wunderschön, dass ich hier einfach mal einige Bilder für sich sprechen lasse:

 

 

 

 

 

Zutiefst zufrieden lasse ich mich am Nachmittag von meinem Wassertaxiboot wieder einsammeln und anschliessend in meinen Bus verfrachten, der mich direkt am Hostel rauslässt. Erfreulicherweise ist die Unterkunft sehr nett und ein Supermarkt nicht weit weg. Ich hab nämlich ganz schön Kohldampf nach so einem ganzen Tag unterwegs.

Die nächsten beiden Tage laufen genauso ab, ich werde morgens per Bus in meinem Hostel abgeholt, dann mit dem Boot zur vorher vereinbarten Bucht gefahren, am Nachmittag wieder abgeholt und mit dem Bus zum Hostel zurückgefahren. Dazwischen wandere ich durch eine wirklich wunderschöne Gegend. Ich habe mir beim Busfahrer ein paar Tipps geholt, wo denn nicht jeder läuft und wie ich ein bisschen weg von den „Massen“ komme und so wandere ich einen Tag einen ziemlich steilen, kleinen Pfad bis auf eine Hochebene und den zweiten Tag zu einem schönene Fluss. Der Weg ist keine ausgebaute „Rennstrecke“, sondern eher ein Pfad, machmal muss ich ein bisschen kraxeln und auch mal einen kleinen Bach durchqueren. Hier werden meine Schuhe auch mal dreckig und ich fühle mich sehr, sehr wohl. Irgendwie bin ich anscheinend doch ein Waldkind…..

Als meine drei Tage um sind und ich auf der Rückfahrt nach Nelson bin fühle ich mich ausgeglichen und reich beschenkt. Ich bedanke mich telefonisch sehr herzlich bei der jungen Dame, die mich in der Touristeninformation so freundlich und ausgiebig und kompetent beraten und auch noch gleich alles für mich gebucht hatte. (Sie war voll happy, spanisch mit mir zu sprechen, denn sie ging ein paar Wochen später auf Reisen nach Südamerika).

Dann ist mir doch noch ein Riesenklops passiert!! In Nelson angekommen packe ich mein Zeug zusammen, verabschiede mich vom Busfahrer (heute fährt ausnahmsweise ein anderer, aber weil ich ganz vorne sass haben wir uns die gesamte Fahrt über unterhalten) steige aus und mache genau drei Schritte in Richtung Hostel als mir auffällt – NEIN!!!! Ich hab meine Bauchtasche im Bus vergessen. Mit allem drin – Pass, Telefon, Kreditkarten, alles……. Ich renne also wie bekloppt hinter dem Bus her und winke wie verrückt. Er steht nur vielleicht hundert Meter weiter an einer roten Ampel. Die leider gerade auf Grün springt. Der Fahrer sieht mich offensichtlich nicht, gibt Gas und ist schon um die nächste Kurve. So ein Mist aber auch!! Und das, wo ich doch morgen schon ganz früh den Fernbus nach Christchurch nehme……

Im Hostel mach ich gleich mal die Rezeptions-Backpackerin schalou und rufe den Veranstalter an. Und bleibe wie ein Presser am Telefon stehen und warte auf den versprochenen Rückruf. Ich bin echt nervös!! Wie kann mir sowas bloss passieren??? Nach rund einer halben Stunde kommt der erlösende Anruf – der Busfahrer ruft von seinem Handy aus an, er würde unten vor der Tür stehen und ich solle doch mal schnell rauskommen. Hach, ich könnte den Mann knutschen (was nicht geht, da er im Auto sitzt und ausserdem im Halteverbot steht), also bedanke ich mich überschwänglich und damit ist er auch ganz happy. Ich bin so erleichtert und freue mich über diese neuseeländische Hilfsbereitschaft. Die hätten ja auch sagen können, ich solle am Montag im Office vorbeikommen und die Tasche abholen (heute ist nämlich Samstag und morgen ist zu), da wär ich aber ganz schön aufgeschmissen gewesen! Glücklicherweise kommt nix so schlimm, wie es kommen könnte…….

Und so kann ich heute abend ganz unbelastet und gemütlich mit den Leuten aus dem Hostel, die ich schon von meinem ersten kurzen Aufenthalt hier kenne einen schönen Abend verbringen und morgen früh wie geplant in meinen Bus nach Christchurch steigen. Dort erwartet mich ein Housesit auf einer Pferdefarm.