Mit Fritz über die Südinsel – Haast Pass, Wanaka, Rob Roy Glacier und Queenstown

12. Juli 2017 2 Von Nicole

Ausgeruht und neugierig mache ich mich wieder auf den Weg. Mein heutiges Ziel heisst Wanaka und alle Neuseeländer schwärmen von dieser kleinen Stadt.

Die Fahrt dorthin ist wieder mal wunderschön, aber da ich mich nicht immer wiederholen möchte überspringe ich das jetzt mal. Nur so viel: ich würde das hier gerne malen können!

Ich fahre durch den Mount Aspiring Nationalpark, ausgedehnte Waldgebiete, tief ausgewaschene Flussbetten mit blitzeblauem Gletscherwasser und grossen grauen Felsbrocken wechseln sich ab mit Wasserfällen und natürlich schauen in der Ferne immer wieder auch teilweise schneebedeckte Bergspitzen hervor.

 Auch heute muss ich immer wieder anhalten und finde manchmal solche Plätze wie beispielsweise dieses Flussufer, wo Leute ganz viele Steinmännchen gebaut haben. Und wie das immer so ist, einer fängt das an und alle machen mit 😀 (ich bau natürlich auch eins).

 

 

 

 

 

Der Himmel ist heute leider meist bedeckt und verschluckt die strahlenden farben, die die neuseeländische Landschaft im Sonnenlicht so kennzeichnet. Es ist sehr erstaunlich, zu sehen, welchen Unterschied Licht doch machen kann. Es ist immer noch schön, aber nicht so atemberaubend wie an den vorangegangenen Tagen.

Als ich über die Berge komme verändert sich die Landschaft dramatisch. Wo eben (auf der Westseite der Berge) noch sattes Grün, saftige Wiesen und stolze Wälder vorherrschten sehe ich nun nur noch vertrocktete Gräser, struppige kleine Büsche und Gestrüpp. Was für ein Wechsel!

Und dann komme ich an diesen See! Plötzlich strahlt die Sonne wieder vom Himmel und vor mir liegt Lake Wanaka. Tiefblau strahlt er mir entgegen, gerade so als wolle er mich willkommen heissen. Mal wieder stehe ich und staune. Der See ist riesig, von Bergen umrahmt und einfach wunderschön.

Ich kann mich kaum satt sehen, aber irgendwann knipst der Himmel einfach das Licht wieder aus und aus dem strahlend lapislazuliblauen See wird wieder ein ganz normales Gewässer. So fahre ich also weiter, immer an der Längsseite des Sees entland bis ich irgendwann links über einen kleinen Berg fahren muss. 

Und gleich voll in die Bremse. Ein weiterer See liegt vor mir und am gegenüber- liegenden Ufer beginnt Mordor. (Mordor aus den „Herr der Ringe“ Filmen).                       Der Vergleich drängt sich mir geradezu auf und ich bin total fasziniert von den dunklen, scharfkantig scheinenden Felsformationen der Berge. Nach einer Weile reisst die Wolkendecke wieder auf, der düstere, bedrückende Eindruck löst sich schlagartig auf und der See erscheint strahlend und glitzerndschön.

Noch einige Kilometer weit fahre ich durch vertrocknetes Grasland und flache Hügel. Nach der schieren Opulenz der letzten Tage empfinde ich die Landschaft als langweilig bis trostlos und frage mich insgeheim, was an Wanaka wohl so toll sein wird.

Wanaka entpuppt sich als kleines Städtchen, malerisch am See gelegen mit einer Menge hübscher Cafés, Restaurants und ein paar Läden. Es ist alles schön hergerichtet für die Urlauber, darunter durchaus auch viele Kiwis. Ich kann grundsätzlich mit dieser „Reissbrett-Schönheit“ nicht so viel anfangen, aber die Atmosphäre hier ist sehr angenehm und der rundherum von Bergen gerahmte See ist schön.  Alle sind irgendwie in Urlaubsstimmung, sitzen am Seeufer oder in den Cafés und lassen es sich gut gehen. Ich mache einen kleinen Spaziergang am See entlang, schaue den Leuten zu und finde reisen mal wieder klasse.

Am nächsten Tag mache ich mich auf John’s Empfehlung hin auf den Weg zum Rob Roy Glacier. Dieser ist in einer erträglichen Entfernung von rund 30km zu finden. Was ich bisher allerdings nicht wusste: 20km davon sind eine geriffelte Schotterpiste, die meinem armen, kleinen Auto schwer zusetzen. Hätte mich John nicht quasi genötigt, dorthin zu fahren, ich glaube, ich wäre umgekehrt.

Die Fahrt führt mich zwischen zwei Bergrücken in ein sehr langes Tag. Dort gibt es einige grosse Rinderfarmen, „Stations“ genannt, und eine riesige Hirschfarm. Ja Hirschfarm! Hirsche werden hier auf Weiden gehalten wie bei uns Kühe. Als ich für ein Foto an den Weidezaun trete kommt die gesamte Herde neugierig herangetrabt. Irre! Also so viele Hirsche hab ich noch nie gesehen 😀

Der geriffelte und geschotterte Weg rüttelt und schüttelt mich gehörig durch und geht mir auch ein bisschen auf die Nerven. Hoffentlich ist der Gletscher dieses Gemache auch wert! Hmpf….. das arme Auto! Aufmunternd klopfe ich dem Kleinen auf’s Amaturenbrett, der nimmt’s gelassen und rumpelt und rattert einfach weiter. Ich sollte ihm vielleicht einen Namen geben……           (also echt jetzt?! Wirklich?? Das ist ein Auto!!) Na und?! Darf ich vorstellen? Das ist Fritz:

(und damit wäre das Rätsel gelöst! Who the **** is Fritz?) 😉

Richtig aufregend wird es als plötzlich kleine Bäche quer über die Strasse laufen. Beziehungsweise die Strasse führt durch kleine Bachbetten. Das Wasser ist glücklicherweise nur 10cm oder so tief, da zuckt Fritz nicht mal, sondern pflügt sich vergnügt hindurch. Kleiner Wortwitz dazu: diese Fluss- oder Bachdurchfahrten heissen auf englisch „Ford“, wie auf dem Schild zu lesen steht und Fritz ist ein Ford. Der Ford im Ford sozusagen……..

Am Ende der Strasse angekommen befinden sich eine gute Handvoll Autos auf dem Parkplatz und ich freue mich auf eine schöne Wanderung. Los geht es wieder einmal über eine „swingbridge“ über einen sprudelnden Gletscherfluss und dann immer bergauf. Obwohl die tatsächliche Temperatur mit jedem gewonnenen Höhenmeter sinkt wird es mir ganz schön warm. Als der Gletscher dann schon in Sichtweite kommt muss ich allerdings trotzdem Schicht für Schicht mehr Kleidung überziehen, denn es wird empfindlich kalt. Eisiger Wind fegt vom Gletscher herunter und beisst mich in die Backen.

Der direkte Blick auf die dicken Einschichten des Gletschers wird meist ganz oder teilweise von Wolken verdeckt. Trotzdem ist die Landschaft hier ein Kracher!
Schroffe Felswände steigen fast senkrecht vor mir auf und hier und da stürzt nebelsprühend Wasser herunter. Es ist hier  so richtig hochgebirgig, kaum mehr Bäume, sondern nur noch niedrige, vom ständigen Wind verkrüppelte Büsche, struppiges, hartes Gras und jede Menge Steine.
Der eigentliche Gletscherfluss ist im Moment trocken und verleitet mich natürlich zu Klettertouren über die Brocken und Steine. Ich liebe das! Dierekt hinter mir fängt dann gleich der Wald an, durch den ich hier hochgewandert bin und auf der anderen Seite wieder eine schroffe, steile Felswand. Hier scheint ab und zu die Sonne drauf und es sieht einfach wunderschön aus. Ich stehe und schaue und freu mich so lange es geht, aber irgendwann wird es mir einfach zu kalt und ich mache mich auf den Rückweg. Und so schön es auch ist wenn man einen Rundweg laufen kann, manchmal finde ich es auch super, den gleichen Weg zurück zu gehen. Plötzlich sieht man ganz andere Dinge und hier ist die Aussicht auch auf dem Rückweg grandios! Schau doch mal, wie dieser Fluss durch das Tal mäandert! Das ist doch einfach grossartig, oder nicht?!

Auch auf meiner Rückfahrt über die Schüttelpiste finde ich noch einige sehr schöne Ausblicke, besonders jetzt, da der Nachmittag schon weit fortgeschritten ist und dieses besondere Licht die Landschaft quasi weichzeichnet. Und das Spiel von Licht und Schatten ist ja eh immer faszinierend. Auch heute   bin ich wieder rundherum zufrieden mit meinem Tag und John zutiefst dankbar für den Tip mit dem Rob Roy Glacier. Hier durfte ich wieder einmal ein ganz wundervolles Stückchen Neuseeland kennen lernen. Es geht halt doch nix über die Empfehlungen der „locals“ 😀

Am kommenden Morgen packe ich meinen ganzen Krempel wieder ins Auto und los geht es in Richtung Queenstown. Das erste „Highlight“ begegnet mir kurz nachdem ich Wanaka verlassen habe:

Was ist das denn? 😀

Ein ganzer Zaun, sicher 100 m lang, voller BH’s?! Was auf den ersten Blick lustig erscheint hat einen ernsten Hintergrund. Der „Bra Fence“ in Cardrona wurde von der New Zealand Breast Cancer Foundation (NZ Brustkrebs Stiftung) gegründet und ist natürlich recht schnell zur Attraktion geworden. Es gibt eine Spendenbox und so werden die Besucher freundlich eingeladen, ihre Fotos zu machen und gleichzeitig mit einer kleinen Spende die Forschung zum Thema Brustkrebs zu unterstützen. Natürlich darf jede Dame einen Bra hinterlassen, wenn sie das möchte. Ein ernstes Thema mit Humor den Menschen näher gebracht – find ich gut – und ausserdem ziemlich erfolgreich im Sammeln!

Schon nach kurzer Weiterfahrt komme ich am Cardrona Hotel vorbei und da mir gerade nach einem schönen Käffchen ist halt ich kurzentschlossen. Was für ein Glück! Ich bin hier gleich mal hundert Jahre zurückversetzt und ausser einem sehr guten Kaffee, serviert in einem schönen Garten bekomme ich gleich noch eine gute Portion Geschichte dazu!

Das Cardrona Hotel ist eines der ältesten in Neuseeland, um 1863 erbaut während der Goldrausch diesen Teil des Landes mit einer Menge Glücksritter versorgte. Cardrona war eine richtige Stadt mit mehreren Hotels/ Pubs, Läden und einer Postkutschenstation. Heute gibt es nur noch das Hotel und die Poststation, in der sich ein Museum befindet. Im Inneren der Gaststube führt ein original Schacht im Fussboden in das Innere der Erde, wo die Digger ihr Gold schürften. Einige Werkzeuge gibt es zu bestaunen und an den Wänden hängen vergilbte Fotos und Zeitungsausschnitte aus der guten alten Zeit. Ein Teil der Gaststube ist noch immer authentisch, die Dachbalken sind noch aus dieser Zeit, der gemauerte Kamin (in dem übrigens ein hübsches kleines Feuerchen prasselt) und sogar ein Teil des Mobiliars! Ganz ganz klasse.

Eine weitere Besonderheit gibt es an der Decke zu bestaunen: Dort hängen lauter verschiedene Geldscheine! Aus aller Herren Länder haben die Reisenden ihre Scheinchen an die Decke gepinnt.

Die Weiterfahrt nach Queenstown geht über die Crown Range und ich fahre hier auf dem höchsten, geteerten Highway der Südinsel (die Desertroad auf der Nordinsel hatte ich ja auch schon befahren!). Die Strasse windet sich in vielen Kurven und Serpentinen den Berg hinauf und ich muss ziemlich aufpassen beim Fahren. Die Hügel und Berge um mich herum sind nur wenig bewachsen, ein bisschen Grass, ein bisschen Gestrüpp, das Ganze mutet fast wie eine Wüste an. Tatsächlich soll es im Frühjahr hier schön grün sein und im Winter hat es meist Schnee und man braucht Ketten für die Fahrt über die Range.

Es ist atemberaubend hier oben. Obwohl es mehr oder weniger kahl ist hat diese Landschaft etwas Grosses  an sich. Und die Aussicht von ganz oben braucht sowieso mal gar keine Worte!  

Als ich auf der anderen Seite wieder hinunterfahre kommt der Regen. Dicke, tiefhängende, schwarze Wolken verdecken das letzte Fitzelchen Blau des Himmels und der Regen strömt nur so.

Von den berühmten „Remarkables“ bei Queenstown ist nichts zu sehen. Der See , an dem die Stadt liegt ist bleigrau und wirkt wenig einladend. Die Stadt selber ist laut und voll. Voller Autos und voller Menschen. Auf den Bürgersteigen schieben sich die Massen, in dicke Jacken gemummelt von einem Café ins nächste. Ich fahre bis hinunter an den See, parke, ziehe den Schlüssel ab………

……starte den Wagen und fahre wieder hinaus aus der Stadt. Das Wetter soll für die nächsten Tage sehr schlecht bleiben, sodass die Berge rund um die Stadt nicht zu sehen, geschweige denn zu erwandern sein werden. Und ich will nicht in einer völlig überfüllten Stadt bleiben. Sorry, Queenstown, beim nächsten Mal! (Denn eigentlich ist es hier unglaublich schön, hab ich gehört! Und hier soll es den besten Burger Neuseelands geben! Das müsste man sich als Vegetarier doch schon mal geben, oder?!)