Laos – Über den Wolken
Heute möchte ich hoch hinaus! Nämlich auf einen Berggipfel 😀 Die Landschaft hier rund um Vang Vien ist wunderschön: supergrüne Reisfelder dehnen sich soweit das Auge reicht, unterbrochen von dicht bewachsenen Flüssen und schroffen Karstfelsen, die beinahe aussehen als seien sie absichtlich hingestellt worden. Der Kontrast zwischen den sich in sanften Wellen wiegenden Reisfeldern zu den rauhen, schroffen Felsen ist atemberaubend! Heute möchte ich mir diese Schönheit nun einmal von oben ansehen.
Nach Auskunft meiner Gastgeber dauert der Aufstieg zum Gipfel bloss eine Dreiviertelstunde und so stiefele ich gut gelaunt los und geniesse den warmen Sonnenschein und die lachenden Gesichter der Jugendlichen, die auf ihren Fahrrädern an mir vorbei fahren.
Am Fusse des Berges angekommen steigen erste Zweifel in mit auf. Das ist in so kurzer Zeit ohne Seilbahn niemals zu schaffen! Ich frage nochmal nach bei den beiden Jungs, die die Eintrittskarten (!!) verkaufen …..ja, ja, das stimme wohl schon. Sie seien zwar selbst noch nie oben gewesen, aber wenn man mir das so gesagt hätte, dann…… Aha! Na dann – auf geht’s.
Der Auftstieg ist steil und schweisstreibend, der Pfad schmal aber im Grossen und Ganzen doch ganz gut zu bewältigen. Vorausgesetzt natürlich man hat die richtigen Schuhe an und einen sicheren Tritt, denn es ist eine recht steinige Angelegenheit und zeitweise habe ich den Eindruck durch eine Schotterschlucht zu marschieren. Glücklicherweise habe ich genug Wasser dabei, denn natürlich ist die Dreiviertelstunde längst um und der Gipfel ist noch nicht einmal in Sicht.
Nach rund zweieinhalb Stunden bin ich endlich oben und werde mit einer fantastischen Aussicht rundherum belohnt! Ich kann richtig weit ins Land schauen und erkennen, wie dünn besiedelt diese Gegend hier ist. Ausser Vang Vien ist keine grössere Ortschaft in der Nähe zu erkennen. Ganz im Hintergrund kann man das Gebirge als dunkelblaue Silouette erkennen, davor ein Teppich aus verschiedenen Grüntönen und die einzelnen Karstfelsen wirken von hier oben wie hingetupft. Ein bisschen so als ob ein Riesenkind seine Bauklötze herumliegen lässt.
Eine Handvoll Leute geniesst hier oben mit mir die Stille, den kühleren Wind und die Aussicht. Es ist auch hier so, wie überall in den Bergen – jeder wandert für sich, am Gipfel trifft man sich, grüsst und geniesst dann gemeinsam und doch jeder alleine dieses einmalige Gefühl auf einem Gipfel zu stehen. Das hier sind zwar nicht die Alpen aber die Genugtuung, bis oben gekommen zu sein zeichnet mir dennoch ein zufriedenes Lächeln ins Gesicht und das sehe ich auch bei den Anderen.
Der Abstieg ist nicht schwer und wie immer geht es bergab etwas schneller als bergauf. Als ich unten ankomme treffe ich auf eine kleine Gruppe Italiener, die in Flip Flops und ohne Wasser mal schnell zum Gipfel wollen. Auch ihnen hat man das Märchen mit der halben/ dreiviertel Stunde erzählt. Ich rate ihnen ab, die Tour jetzt noch zu machen – es ist schon fast halb fünf und um sechs wird es schlagartig dunkel – denn selbst als Gewaltmarsch und mit den richtigen Schuhen wäre die Wanderung in der kurzen Zeit niemlas zu schaffen. Ich lasse die amici ratloss debattierend zurück und mache mich auf den Rückweg zu meinem Hostel.
Frisch geduscht sitze ich im Garten und geniesse die ruhige Atmosphäre hier als ich plötzlich etwas am Horizont sehe! Bei genauerem Hinschauen entpuppt sich dieses Etwas als ein wunderschöner, regenbogenbunter Heissluftballon!
Was für ein schönes Fotomotiv! Du musst zugeben, dass das beinahe wie auf einer Fototapete aussieht! 😉
Wie ich so stehe und staune kommt mir der Gedanke…..ich könnte ja vielleicht auch mal……?!
Kaum ausgedacht flitze ich direkt ins Restaurant und versuche, jemanden vom Personal zu erwischen. Ja, kein Problem, wird mir gesagt, du kannst morgens früh zum Sonnenaufgang oder abends zum Sonnenuntergang mit dem Ballon fahren. Kurzentschlossen buche ich die Morgenfahrt! Und bin mal voll aufgeregt! Eine Ballonfahrt!!!!!
Am nächsten Morgen werde ich pünktlich mit einem Auto abgeholt. Natürlich ist es noch dunkel und somit eigentlich viel zu früh, um schon unterwegs zu sein. Aber die Ruhe und die relative Kühle, die der Morgen mit sich bringt – das hat schon was.
Nach kurzer Fahrt erreichen wir den Startplatz und hier kann ich mit ein paar anderen die Vorbereitung zum Start beobachten. Zwei grosse regenbogenbunte Ballons werden hier vorbereitet und die Jungs arbeiten ruhig und routiniert. Sieht echt vertrauenserweckend aus. Nicht dass ich Angst hätte, aber……na ja, ich bin schon beruhigt! 😉
Die Fallschirmseide ist nun ganz ausgelegt und der Gasbrenner wird angezündet. Boah, ist das laut! Der Brenner faucht ganz schön und schon bald bläht sich der Ballon auf und langsam, ganz langsam richtet er sich auf. Der Passagierkorb kommt in Bewegung und stellt sich nun ebenfalls auf. An Seilen gesichert steht er da, dieser grosse und wunderschöne Ballon.
Jetzt heisst es einsteigen und ich fühle mich so ein ganz klitzekleines bisschen wie Phileas Fogg als ich umständlich in den Korb klettere. Kaum sind wir alle zehn Passagiere sicher eingestiegen werden auch schon die Halteleinen gelöst und die Ballastsäcke abgeworfen. Es geht ein Zittern durch den Korb und dann heben wir ab!
Mann, was für ein Gefühl!! Ganz langsam steigt der Ballon senkrecht in die Höhe. Inzwischen ist es dämmrig hell und so kann ich die Umgebung bereits sehr gut erkennen. Das Dorf, der zentrale Tempel, die Häuser und Strassen, all das bleibt langsam unter uns zurück und wird immer kleiner. Dann müssen wir durch eine morgendliche Wolkenschicht hindurchfahren und……ab hier musst du selber schauen, denn es ist unbeschreiblich, was jetzt kommt!
Das ist einfach unglaublich! Unbeschreiblich! Es ist ja nicht nur die Aussicht – als ob das alleine nicht reichen würde! Aber das Wolkenmeer und dann die Sonne, die langsam aufgeht und alles anstrahlt! Eigentlich sieht es aus als wüchsen die Berge aus den Wolken heraus. Dass wir diejenigen sind, die sich bewegen, das bemerkt man praktisch gar nicht und es wackelt auch nicht im Korb. 😀 Ich bin total geflasht! Das hier ist sooo schön!!!
Unser „Schwesterballon“ startet kurz nach uns und so kann ich ausser der grandiosen Aussicht auch gleich noch ein paar megatolle Fotos schiessen.
Was für ein absolut grandioses Erlebnis!! Ich laufe den gesamten Rest des Tages mit einem Riesengrinsen im Gesicht herum und jedem, der es wissen will erzähle ich, wie toll das Ballonfahren war.
Einige Tage später mache ich mich wieder auf den Weg, weiter in Richtung Süden. Mein nächstes Ziel heisst Ban Kong Lo, wo es anscheinend eine ganz tolle Höhle zu entdecken gibt. Und da ich ja nun echt schon laange nicht mehr in einer Höhle war…. 😉
Die Fahrt in das kleine Dörfchen ist auch dieses Mal wieder abenteuerlich! Je tiefer ich ins Landesinnere vordringe, desto weniger kommt man mit Englisch voran, sondern Hände und Füsse müssen helfen. Nach mehrmaligem Umsteigen sitze ich in einem Bus, der mich anscheinend direkt ins Dorf bringen soll. Ausser mir sitzen noch zwei Jungs mit im Bus, sonst nur Einheimische. Die beiden schauen mich ein bisschen verunsichert an und ich schaue genauso zurück. Ein schiefes Grinsen und ein gottergebenes Schulterzucken und wir wissen, wir sitzen alle drei im gleichen Boot: keine Ahnung, wo wir eigentlich sind oder wo wir aussteigen müssen. Also fragt einer von uns immer wieder mal nach „Ban Kong Lo?“ aber der Busfahrer schüttelt immer den Kopf. Die Fahrgäste werde immer weniger und bald sitzen nur noch eine Handvoll Leute im Bus. Der hält dann irgendwo mitten in der Pampa an und alle steigen aus.
Hä????? Der Fahrer schaut uns auffordernd an und sagt etwas, das Ban Kong Lo heissen könnte, dazu wedelt er uns mit der Hand aus seinem Bus und fährt fröhlich von dannen. Gott sei Dank in ich ja schon öfters in Asien gewesen und weiss aus Erfahrung, dass solche skurrilen Situationen eigentlich trotzdem gut ausgehen. Die beiden Jungs allerdings sind mittlerweile sichtlich nervös. Einer von ihnen hat auf Google Maps gesehen, dass das Dorf noch fast 25km weit weg ist. 🙁 Drei Einheimische bleiben mit uns stehen während alle anderen sich zerstreuen.
Wir brauchen nicht lange zu warten: nach wenigen Minuten rumpelt ein Tuk Tuk an und lädt uns alle ein. Na, dann fahren wir halt mal 25km mit einem Tuk Tuk – warum nicht?! 😀 😀
Die letzten Kilometer sitze ich ganz alleine auf der Ladefläche, es wird schon dämmrig und ich bin ganz schön fertig. War doch ein langer Tag! Im „Zentrum“ des Dorfes (geschätzte 15 Häuser und Hütten) schmeisst mich mein Fahrer raus und auf Nachfrage in einem kleinen Restaurant finde ich meine Unterkuft ohne Probleme. Zugegebenermassen bin ich froh, tatsächlich irgendwie im richtigen Dorf angekommen zu sein! Es fasziniert mich immer wieder, wie gut das in Asien klappt – allerdings kommt man sich manchmal vor wie ein Koffer, der einfach von einem zum anderen weitergegeben wird.
Niegelnageneue Häuschen stehen da inmitten einer noch nicht ganz fertigen Baustelle. Oha! Schutt und Baumaterial rundherum, allerdings keine Arbeiter. Das Zimmer überrascht mich dann aber sehr positiv: ganz neu, hübsch eingerichtet, Heisswasser, Ventilator und von meinem rückseitigen Balkon schaue ich direkt ins Reisfeld. Das ist jetzt echt mal schön! Im dazugehörigen Restaurant auf der anderen Strassenseite gibt es Abendessen und gleich ein bisschen Kontakt zu ein paar anderen Höhlenforschern, die die lange Anfahrt nicht gescheut haben. Es wird ein gemütlicher Abend und am nächsten Morgen werde ich nicht einmal von Baustellenlärm geweckt. Gearbeitet wird allerdings trotzdem und ich kann mir einmal ganz genau anschauen, wie eigentlich Reis geerntet wird
So wie es aussieht kommt das ganze Dorf zusammen und alle helfen sich gegenseitig an den Tagen an denen die Dreschmaschine ins Dorf kommt. Die muss nämlich von der Kooperative gemietet werden, da sich die einzelnen Bauern die Maschine nicht leisten können.
Das Ganze ist eine ziemlich staubige Angelegenheit. Und heiss ist es auch noch. Irgendwie auch ein bisschen wie bei uns das Getreide ernten – bloss dass bei uns natürlich keine Schnitter mehr von Hand die Halme schneiden!
Nach einem recht leckeren Frühstück mache ich mich auf in Richtung Höhle. Keine Ahnung, was mich erwartet …. unterwegs treffe ich ein paar andere Leute mit demselben Ziel. Darunter auch ein ganz junges Pärchen, sie humpelt stark und sieht mal richtig lädiert aus! Grosse Schürfwunden an Armen und Beinen und ein paar Verbände fordern Nachfragen geradezu heraus: ein relativ heftiger Unfall mit dem Moped von zwei Tagen. Das medizinische Zentrum von Ban Kong Lo wäre jetzt nicht ganz so supermodern, zwinkert sie, aber besser als nichts! Tatsächlich ist Moped fahren in Asien generell nicht ganz ungefährlich. Trotzdem machen es alle. Es ist nirgends so einfach wie hier – oft muss man nicht einmal einen Führerschein zeigen, sondern bezahlt und düst los. Und so kommt man natürlich einfach, schnell und günstig überall hin.
Nach einem kurzen Marsch kommen wir an einen Fluss und werden von ein paar Einheimischen begrüsst und mit Schwimmwesten versorgt. Äh, wie jetzt? Wir wollten doch zur Höhle? Eifrig nicken sie und lassen uns ohne Erklärung in ein kleines Kanuboot steigen. Damit fahren wir einmal über den Fluss zu einer weiteren Anlegestelle, wo wir das Boot wechseln. Und dann kommt die Höhle in Sicht.
Wir fahren gemütlich mit dem Boot durch die richtig grosse Höhle, können eine paar Stalagmiten und Stalagtiten bewundern und kommen auf der anderen Bergseite wieder heraus. Hier befindet sich ein winziges Dörfchen, das nur aus ein paar Hütten besteht. Viel zu sehen gibt es nicht. Aber die Höhle und die Bootsfahrt waren echt schön – nicht spektakulär, aber schön. In ein paar Jahren wird wahrscheinlich alles so richtig organisiert sein und aufgehübscht für die Touristen – ich finde das eigentlich schade, denn gerade dieses Unaufgeregt, Unspektakuläre gefällt mir in Laos besonders gut. Ich habe immer den Eindruck, dass die Laoten einfach ihr Leben leben. Sind Touristen da dann werden die integriert ohne dass sich das normale Leben gross verändert. Und sind keine Touristen da, na dann ist ja eh alles wie gehabt….
In diesem Sinne werde ich jetzt noch ein bisschen die Ruhe in Ban Kong Lo geniessen und morgen mache ich mich wieder auf die Strümpfe……
Interessante Ballonfahrt und guter Beschrieb der asiatischen Mentalität im Transportwesen. Freue mich auf den nächsten Bericht. Panama? Wir sind im Oktober wieder in Mallorca. Gruss! Chris